Big Data – und der Weg zur individuellen Customer Journey in der Automotive Industry
In einer Welt, die von exponentiellem technologischem Fortschritt geprägt ist, formen und verändern sich unsere Lebensgewohnheiten rasant. Treibende Kraft hinter diesem Wandel ist die Digitalisierung. Und diese wirkt sich auf nahezu alle Bereiche unseres Alltags aus – insbesondere auch auf die Mobilität. In diesem Kontext zeichnen sich verschiedene Megatrends ab, die sowohl die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, als auch das Gesicht unserer Straßen und Städte revolutionieren: autonomes Fahren, Elektromobilität, Carsharing oder die fortschreitende Konnektivität im Straßenverkehr.
Big Data als Enabler der Digitalisierung in der Automobilindustrie
Doch neben den direkten Auswirkungen auf das Fahrerlebnis und die Mobilitätsangebote spielt die Digitalisierung auch für die Hersteller selbst eine maßgebliche Rolle. Dies betrifft alle Bereiche in den Unternehmen: Entwicklung, Produktion, Qualitätssicherung – und in besonderer Weise auch Vertrieb und Marketing. Denn zunehmend werden traditionelle Vertriebswege durch digitale Plattformen und Dienste ersetzt, die es den Kund:innen ermöglichen, Mobilitätsangebote schnell, flexibel und bedarfsgerecht zu nutzen.
Ein maßgebliches Schlüsselthema dabei: Big Data. Denn die Verfügbarkeit riesiger Datenmengen ist nicht nur Voraussetzung für autonomes Fahren, sondern findet sich in allen relevanten Entwicklungen im Automotive-Sektor wieder. Im Bereich Forschung & Entwicklung etwa sehen über 70 % der Teilnehmenden einer Studie Einsparpotenziale von über 20 % durch einfachere Datenbeschaffung und verkürzte Entwicklungszeiten. Sogar 94 % sehen signifikante Vorteile in der Produktion durch schnelle Korrekturen oder proaktive Ausfallerkennung – und damit letztlich auch hinsichtlich der Kosten.
Ein weiteres Beispiel wäre das Qualitäts- und Gewährleistungswesen. Hier erleichtern Daten z. B. das frühzeitige Erkennen von Qualitätsproblemen. 75 % der Befragten erkennen dort Einsparmöglichkeiten von mindestens 20 %. Insgesamt verdeutlichen diese Zahlen eindrucksvoll, dass Big Data ein entscheidender Hebel für Effizienzsteigerungen und Innovationsvorhaben in der Mobilitätsbranche ist.
Big Data und die Bedeutung einer kundenorientieren Ansprache
Das Potenzial von Big Data zeigt sich aber auch im Bereich Marketing & Vertrieb. So gaben 60 % der Befragten an, bereits Big-Data- & Analytics-Methoden implementiert zu haben. Eines der Ziele ist hier, durch die Verwendung von Daten die Zielgruppen zu vergrößern und dadurch auch Umsätze zu steigern. So kann etwa die Auswertung sozialer Medien wertvolle Erkenntnisse zu den Zielgruppen liefern. Analysemethoden wie diese werden in den kommenden Jahren daher eine immer größere Rolle spielen.
Im Marketing zeigen Zahlen aus aktuellen Studien (siehe hier und hier), dass ein herausragendes Kundenerlebnis immer wichtiger wird. Gleichzeitig werden Fehler in der Kundenansprache nicht mehr verziehen. So beenden drei Viertel der Verbraucher:innen bereits nach einer einzigen schlechten Erfahrung die Geschäftsbeziehung. Mehr denn je geht es also darum, das Kauferlebnis zu optimieren und sicherzustellen, dass es nahtlos und zufriedenstellend ist. Für Marketing und Vertrieb bedeutet das: Sie müssen ihre Kund:innen besser zu verstehen, um ihre Strategien entsprechend anpassen zu können.
Die Zahlen zeigen auch, dass 54 % der Autokäufer:innen bereit wären, für ein besseres Kauferlebnis mehr zu bezahlen. Das heißt, dass Automobilunternehmen sich durch ein reibungsloses End-to-End-Erlebnis – online, am Telefon und beim Händler – einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Durch die unternehmensweite Skalierung von Gesprächsinformationen konnte knapp die Hälfte der Befragten sowohl die Kundenakquise als auch die Kundenbindung verbessern (oder erwartet eine Verbesserung).
Insgesamt wird deutlich, dass der Einsatz von Big Data den Weg für eine erfolgreiche Zukunft der Mobilitätsbranche ebnet. Indem Automobilunternehmen die Möglichkeiten der Datennutzung voll ausschöpfen und sie in ihre Strategien integrieren, können sie nicht nur die Erwartungen ihrer Kund:innen erfüllen, sondern auch die Basis für langfristigen Erfolg und Wachstum schaffen.
Von der Massenwerbung zur individuellen Kundeninteraktion
Die Nutzung von Daten eröffnet neue Möglichkeiten, hochpersonalisierte Customer Journeys aufzubauen. In der Vergangenheit wurden Werbemittel breit streuend eingesetzt. Ziel war es, eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen. So erhielten alle dasselbe Mailing oder sahen denselben Werbespot. Die Rechnung dahinter: Je größer die Zielgruppe, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter Interessent:innen für das kommunizierte Angebot befinden.
Das Problem: Gleichzeitig sind die Werbebotschaften dieser Massenversände für einen umso größeren Anteil der Zielgruppe gänzlich uninteressant. Der Nachteil liegt hier also nicht nur in den hohen Kosten, sondern auch in der Enttäuschung der Empfänger:innen, wenn sie Inhalte erhalten, die für sie einfach nicht relevant sind.
Mehr noch: Je mehr nicht relevante Botschaften jemand empfängt, desto eher blendet er diese künftig aus oder unterbindet sie aktiv im Rahmen seiner persönlichen Datenschutzrechte. Wäre dann tatsächlich einmal eine relevante Botschaft darunter, wird diese dann unter Umständen gar nicht mehr registriert.
Um diesem Umstand zu begegnen, lassen sich nun zunehmend Daten hinzuziehen, die es ermöglichen, Werbebotschaften und weitere Kommunikationsmaßnahmen gezielter auszuspielen. In Betracht kommen dafür zum Beispiel die individuellen Interessen der Empfänger:innen. Im Automotive-Bereich kann sich die Kommunikation auch auf bestimmte Fahrzeugtypen oder auf einzelne Modelle beziehen.
Die Kunst liegt dabei darin, diejenigen Daten zu identifizieren, die sich dafür eignen, aus der großen Masse der Gesamtzielgruppe einzelne Segmente herauszuschneiden, die in sich harmonisch und daher für einheitliche Botschaften empfänglich sind. Hierfür einfach nur soziodemografische Daten zu verwenden, reicht allerdings nicht aus. Eine weitaus größere Rolle spielen persönliche Interessen und Einstellungen.
Um diese herauszufiltern, macht es Sinn, auch bisherige Reaktionen zu betrachten. Weiß ich zum Beispiel, welche Produkte oder – im Fall der Automobilindustrie – welche Fahrzeugmodelle ein Kunde bisher gekauft hat, kann man auf die Interessen und auf künftige Kaufabsichten schließen. Da die Datengrundlage dazu nicht immer vorliegt, kann es aber auch schon zielführend sein, bisherige Reaktionen auf versendete Kommunikationsmittel zu analysieren.
Der zusätzliche Aufwand, verschiedene Kommunikationsmaßnahmen für einzelne Zielgruppen bereitzustellen, rechtfertigt sich durch die höhere Relevanz der Kommunikation für die einzelnen Empfänger:innen. Das sorgt für eine höhere Aufmerksamkeit – und potenzielle Interessent:innen fühlen sich verstanden. Im Gegenzug lässt sich so die Wertschätzung gegenüber der Marke steigern und letztlich ein Kaufinteresse hervorrufen.
Abbildung 1: Der Wandel von der Massenwerbung zur hochpersonalisierten individuellen Werbebotschaft. Quelle: Vision11
Um diese personalisierte Kommunikation weiterzutreiben und zu verfeinern, können noch kleinere Zielgruppensegmente gebildet werden, die dann umso individuellere Botschaften erhalten. Doch aufgrund des zunehmenden Aufwands ist dies ab einem bestimmten Punkt nicht mehr praktikabel. Deshalb wird im Rahmen der Datenanalyse zunehmend Künstliche Intelligenz eingesetzt. Mit ihrer Hilfe ist es im Extremfall sogar möglich, komplett individuelle Botschaften zu versenden, die nur an eine einzelne Person gerichtet ist und ganz auf deren persönliche Bedürfnisse eingeht.
Big Data, personalisierte Kommunikation und KI
Der Einsatz von KI kann hier in zwei Richtungen gehen. Zum einen unterstützt die KI bei der Datenanalyse und gibt prediktive Hinweise für die nächste Kommunikation, die für die Empfänger:innen relevant sein könnte. Zum anderen legt die KI auch den Inhalt der Kommunikation fest und spielt ein mögliches Mailing automatisiert aus. Im Idealfall können z. B. bestehenden Kund:innen zum richtigen Zeitpunkt neue Angebote für ein neues Modell unterbreitet werden. Bei der Ermittlung des Angebotszeitpunkts und der Inhalte des Angebots werden dabei anhand der gesammelten Daten Erfahrungswerte zu den individuellen Kund:innen mit Daten zu vergleichbaren Kund:innen kombiniert.
Doch dieser Ansatz lässt sich nicht nur bei Mailings anwenden. Auch bei anderen Werbemaßnahmen ist der Wandel weg von der einheitlichen Massenwerbung hin zu individualisierten Anzeigen beobachten. Auf Basis der individuellen Präferenzen sorgen auch hier KI-basierte Methoden dafür, dass etwa auf Websites für jeden die individuell passende Anzeige erscheint – oder dass z. B. bei Streaming-Angeboten ein Spot genau zu dem Fahrzeugmodell läuft, das für den User in Frage kommt.
Abbildung 2: Personalisierte Kommunikation auf Datenbasis. Quelle: Vision11
9 Schritte zu einem erfolgreichen Datenmanagement in der Automobilindustrie
Voraussetzung für individuelle und dadurch wirklich kundenrelevante Customer Journeys ist eine umfassende Datenbasis. Denn die Qualität der KI-Entscheidungen hängt unmittelbar mit der Qualität – aber auch der Quantität – der zugrundeliegenden Daten zusammen. Bei deren Sammlung sind vor allem rechtliche und technische Herausforderungen zu beachten.
Gerade bei personenbezogenen Daten, aber auch bei anderen Daten, die für die Entscheidungen der KI von hoher Relevanz sind (z.B. Kaufhistorie oder persönliches Klickverhalten) müssen bei der Datenhaltung und bei der Dauer der Datenspeicherung teils strenge rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssen auch technische Voraussetzungen erfüllt werden, um die Vielzahl an Daten zu speichern und verschiedene Quellsysteme für die Datenspeicherung miteinander zu verbinden.
Der vollständige Prozess reicht vom Eingang der Daten in verschiedenen Systemen bis zur personalisierten Werbebotschaft – und darüber hinaus bis zur Möglichkeit, einen erfolgreich implementierten Prozess weiter zu skalieren. Dieser Prozess lässt sich in neun Schritte einteilen.
Datenarchitektur analysieren
Der erste Schritt ist die Analyse der Datenarchitektur. Diese stellt sicher, dass die technischen Voraussetzungen gegeben sind, Daten aus verschiedenen Datenquellen zusammenführen zu können. Neben der Ermittlung, ob der Status quo den Anforderungen entspricht, können hier auch weitere Datenquellen identifiziert werden, um die Datenbasis sinnvoll zu erweitern. Auf diese Weise lässt sich eine möglichst breite und diversifizierte Datenbasis erschließen.
Definition einer Zielarchitektur
Um die gewünschte Datenbasis bestmöglich abbilden zu können, sind die Auswahl bzw. die Einrichtung eines Zielsystems erforderlich. Hier bietet sich die Integration einer Data Cloud an. Die entsprechenden Hersteller verfügen hier über interessante Lösungen. Doch welches Produkt sich im Einzelfall am besten eignet, entscheidet sich auch mit Blick auf die individuelle Systemlandschaft.
Datensammlung zur Vergrößerung der Datenbasis
Im Automotive-Bereich sind verschiedene Datenquellen aus unterschiedlichsten Bereichen von Bedeutung. Denn im Vergleich zu anderen Branchen existiert hier ein großer zeitlicher Abstand zwischen den einzelnen Fahrzeugkäufen. Neben der Betrachtung des bisherigen Kaufverhaltens sind deshalb weitere Aspekte zu berücksichtigen. Dazu gehören z. B. Kontakthistorie, Klickverhalten, Social-Media-Aktivitäten, aber auch (bei Bestandskund:innen) Fahrdaten aus den Fahrzeugen.
Gerade wegen des langen zeitlichen Abstands ist hier der Kundenkontakt zwischen den einzelnen Kaufzeitpunkten besonders wichtig. In diesem Zusammenhang spielt auch das Management des Kontakteinverständnisses eine große Rolle, um den Herausforderungen von Datenschutzbestimmungen wie der DSGVO erfolgreich begegnen zu können.
Datenkonsolidierung
Die große Heterogenität der Datenquellsysteme sorgt zwangsläufig dafür, dass Daten in unterschiedlichen Formaten und Qualitäten vorliegen. Im Zuge der Datenaufbereitung und -konsolidierung ist es daher das vorrangige Ziel, einen gemeinsamen Qualitätsstandard zu schaffen. Relevant für die weiteren Schritte der Datenanalyse sind sogenannte „Golden Records“ in einem zentralen Zielsystem, die eine umfassende 360-Grad-Sicht auf den Kunden ermöglichen.
Datenanalyse
Eine breite, konsolidierte Datenbasis in guter Qualität ist die Voraussetzung, um fortgeschrittene Analysetechnologien einzusetzen, die Trends in Hinblick auf das individuelle Kundenverhalten aufdecken können. Dies vereinfacht auch die Einbindung von KI-gestützten Methoden, um versteckte Muster zum Vorschein bringen.
Datenmodellierung als Basis zur Personalisierung
Um die einzelnen Aspekte, die aus den Daten abgelesen werden können, miteinander in Beziehung setzen zu können, werden Datenmodelle erstellt. So lassen sich unter Berücksichtigung von Kundenpräferenzen, Kontakthistorie und weiteren relevanten Daten personalisierte Empfehlungen und Angebote generieren. Zu diesem Zweck können multivariate Analysemethoden, aber auch KI-gestützte Algorithmen eingesetzt werden.
Ableitung von relevanten Experiences
Gerade der Einsatz von Machine Learning und Predictive Analytics kann zu einer vollständigen Personalisierung auf individueller Ebene beitragen. Kund:innen und Interessent:innen erhalten dadurch Angebote mit von ihnen persönlich präferierten Produktmerkmalen. Die KI versucht dabei, das konkrete Modell, die gewünschte Ausstattung und die präferierte Farbe vorherzusagen. Sind die Daten dabei nicht nur für die Kundin oder den Kunden, sondern auch für das Produkt vollständig erfasst, lässt sich der individuelle Fahrzeugvorschlag auch direkt anzeigen. Mit zunehmendem Einsatz und einer kontinuierlichen Feinjustierung der Algorithmen werden die Vorschläge der KI dann immer besser und zuverlässiger.
Erfolgsmessung und Visualisierung
Um letztendlich auch den Erfolg messen zu können, wird über definierte Key Performance Indicators (KPIs) die Wirksamkeit der individualisierten Kundenerlebnisse veranschaulicht. Dieser Schritt ist als essenzielles Feedback zu verstehen, um die Stellschrauben im gesamten Prozess weiter anpassen und optimieren zu können.
Skalierbarkeit: Best Practice Sharing
Hier dienen erfolgreiche Modelle als Vorlage für die Entwicklung weiterer Modelle. Gerade bei den Konzernstrukturen des Automotive-Sektors mit ihren verschiedenen Märkten und Marken bietet es sich auch an, bewährte Modelle innerhalb des Konzerns wiederzuverwenden. Zum Teil kann hier sogar auf ein- und dieselbe konzernweite Datenbasis zurückgegriffen werden. Dies minimiert den Aufwand für die Anpassung bei einer Skalierung einzelner Lösungen.
Fazit
Digitale Lösungen auf der Basis von Big Data sind für Marketing und Kundenkommunikation im Automobilbereich von entscheidender Bedeutung. Die Zahlen sprechen hier eine klare Sprache: Eine einzige schlechte Erfahrung kann Kunden schnell vertreiben – während ein optimiertes Kauferlebnis die Loyalität steigert und sogar die Bereitschaft erhöht, mehr zu investieren.
Die Integration großer Datenmengen, angebunden aus allen nur denkbaren Bereichen, eröffnet neue Möglichkeiten, Kunden besser zu verstehen und ihre Bedürfnisse gezielt anzusprechen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Aufbereitung der Daten auf Basis eines gemeinsamen Qualitätsstandards. Denn daraus resultiert unmittelbar die Qualität der Kundenansprache und die Relevanz der individualisierten Botschaften. Verstärkt wird der Bedarf an qualitativ hochwertigen Daten durch den Einsatz von KI-Methoden. Und gerade letztere sind aufgrund der enormen Datenmengen für eine erfolgreiche Individualisierung unverzichtbar. Das Ergebnis: ein umfassendes und nahtloses Kundenerlebnis in herausragender Qualität – sowohl online als auch offline.
Haben Sie Interesse an unserem Vorgehen, an Projektreferenzen oder an Best Practice Use Cases?
Dann kontaktieren Sie mich:
Christoph Scherer
+49 151 1083 1302
In einer Welt, die von exponentiellem technologischem Fortschritt geprägt ist, formen und verändern sich unsere Lebensgewohnheiten rasant. Treibende Kraft hinter diesem Wandel ist die Digitalisierung. Dies betrifft alle Bereiche in den Unternehmen: Entwicklung, Produktion, Qualitätssicherung – und in besonderer Weise auch Vertrieb und Marketing. Denn zunehmend werden traditionelle Vertriebswege durch digitale Plattformen und Dienste ersetzt, die es den Kund:innen ermöglichen, Mobilitätsangebote schnell, flexibel und bedarfsgerecht zu nutzen.