Customer Loyalty: Hand aufs Herz – Wann sind wir wirklich treu?
„Kundenbeziehungen im Tinder-Modus?“ Mit dieser Frage beginnt die Reise in unserem jüngsten CX Dossier zum Thema Customer Loyalty. Der Hintergrund für diesen Aufhänger: die weit verbreitete These, Kunden wären heute viel wechselbereiter als in früheren Zeiten.
Kleiner Spoiler: Die Tinder-These lässt sich bei näherem Hinsehen nur bedingt erhärten. Kunden sind in Wahrheit gar nicht so flatterhaft, wie es oft scheint. Man muss ihnen heute nur mehr (und anderes) bieten, um loyal zu sein. Vielleicht ist es dabei tatsächlich ein wenig wie in Paarbeziehungen: Die Erwartungen der Menschen sind schlicht gestiegen. Und in den „Tinder-Modus“ geraten viele nur, weil ihre Erwartungen enttäuscht werden.
Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit Kundenbeziehungen und Customer Loyalty beschäftigt: theoretisch, indem ich eine Menge Studien und Publikationen durchgeackert habe – und praktisch in der Arbeit für unsere Kunden (im Rahmen unserer Business Unit Customer Centricity & Dialogue, CCD). „Der Kunde“ – und wie er tickt – war dabei meist das Objekt meiner professionellen Neugier.
Sollte ich zur Abwechslung vielleicht mal die Perspektive wechseln – und mich selber zur Persona machen? Wann bin ich eigentlich loyaler Kunde? Und wenn: Warum ist das so? OK, aus Marketing-Sicht ein absoluter Tabubruch: Bloß nicht subjektiv von dir auf den Kunden schließen! Trotzdem: Ich habe den Verdacht, dass da was zu holen ist. Man muss mein kleines Selbstexperiment ja nicht ganz so ernst nehmen …
Um diesen Versuch etwas besser einordnen zu können: Ich bin mehr so „Generation Golf“ als Gen Z. Und als Kundentypus nach dem Vier-Farben- oder DISG-Modell bin ich eine seltsame Mischung aus Grün und Rot mit leichtem Blau-Anteil.
Das DISG-Modell geht auf den US-amerikanischen Psychologen William Moulton Marston zurück und wird u. a. zur Typologisierung von Kunden oder Mitarbeitenden eingesetzt.
Quelle: Vision11 nach getcreative.
Selbsttest: Bin ich ein loyaler Kunde?
Doch jetzt zur Gretchenfrage: Welchen Marken, welchen Anbietern bin ich selbst wirklich treu – und das über Jahre hinweg? Ehrlich gesagt musste ich ganze eine Weile nachdenken. Am Ende kam folgende kurze Liste heraus: meiner Friseurin Almut, einer bestimmten Filiale von Jaques‘ Weindepot und Marc O’Polo.
Was alles andere angeht, bin ich tatsächlich ziemlich wechselhaft: Strom- und Telekomanbieter, Mobilität, Supermärkte, Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Technik & Entertainment, Möbel, Sport und Outdoor, Streaming-Dienste, E-Commerce … Meine Entscheidungen fallen hier ziemlich punktuell aus – und wenn, dann eher nicht aus tieferer Verbundenheit.
Gut, es gibt ein paar Grauzonen – zum Beispiel den Fall Apple. Ich glaube, ich bin nicht zum Marken-Fan geboren. Doch von Apple war ich eine Zeit lang echt begeistert: Nutzerfreundlichkeit! Performance! Design! In gewisser Weise bin ich der Marke bis heute treu. Doch inzwischen nerven mich die vielen, kaltschnäuzig eingesetzten Locked-in-Effekte. Der einstige Enthusiasmus ist einer kritischen Distanz gewichen.
Was aber steckt nun hinter meinen echten Top 3 in Sachen Loyalty?
Almut – und das One-Woman-Gesamtpaket
Meine Friseurin kennt meinen Kopf – und macht trotz ungünstigster Voraussetzungen das Beste draus. Als Extra gibt es immer eine kleine Kopfmassage. Sie achtet auf nachhaltige Produkte und recycelt die Alufolie, die in ihrem Laden anfällt. Und die Gespräche mit ihr sind immer wieder spannend. Dass sie etwas teurer ist als andere, spielt bei alldem keine Rolle.
Jaques‘ – und die kleinen Überraschungen
Die Post von Jaques‘ gehört zu den wenigen Werbebriefen, die ich aufmache. Immer wieder neue Entdeckungen! Im Laden kann man sie dann probieren und wird richtig gut beraten. Das Preis-Qualitäts-Verhältnis ist dabei überraschend gut. Dazu kommen Bonuspunkte, Goodies und Rabatte. Die stehen zwar nicht im Vordergrund, aber sie machen die Sache rund.
Marc O’Polo – und die Gewissheit, dass es passt
Marc O’Polo ist die erste oder die letzte Station, wenn ich shoppen gehe (offline und online). Denn dort weiß ich, dass ich zu 90 % etwas finden werde – und dass mir die Sachen auch wirklich passen.
Was macht mich loyal? Drei gemeinsame Nenner
Haare, Wein, Klamotten: drei recht unterschiedliche Konsumbereiche mit drei sehr verschiedenen Anbietern. Doch was genau macht mich ausgerechnet hier loyal? Auf der Suche nach dem gemeinsamen Nenner komme ich auf drei Aspekte:
Ich kann mich auf sie verlassen – und dieses Vertrauen wird immer wieder bestätigt.
Ich empfehle sie (wie Ihr seht) gerne weiter.
Weil sie mein Vertrauen immer wieder bestätigt haben – und weil ich mir deshalb sicher bin, einen Mehrwert zu erhalten –, würde ich ihnen auch bestimmte Informationen über mich verraten.
An diesem Punkt wird es Zeit, sich von der Ich-Perspektive zu verabschieden. Denn ich merke: Genau diese drei Punkte – Vertrauen, Weiterempfehlung, Bereitschaft zum Teilen von Daten – sind generell drei wesentliche Faktoren für gelungenes Kundenbeziehungsmanagement. Besonders interessant ist dabei der Zusammenhang zwischen Vertrauen und der Weitergabe von Daten. Hier eine interessante Studie dazu …
Was veranlasst Menschen, Informationen über sich mit einem Unternehmen zu teilen?
Quelle: Vision11 nach: MarTech, 2018, S.21.
Wenn aber Vertrauen der Dreh- und Angelpunkt ist, um „Kunden im Tinder-Modus“ dazu zu bewegen, Informationen über sich zu teilen … Und wenn diese Informationen die Voraussetzung dafür sind, die Beziehung zu ihnen weiter zu vertiefen – und sie letztlich zu treuen Markenbotschaftern zu machen: Wie lässt sich dieses Vertrauen schaffen? In unserem CX Dossier zur Customer Loyalty gehen wir der Sache auf den Grund. Ganz ohne subjektive Nabelschau. Versprochen.
Haben Sie Interesse an unserem Vorgehen, an Projektreferenzen oder an Best Practice Use Cases?
Gerne rufe ich Sie für ein weiterführendes Gespräch zurück.
Christian Schwenkmaier
+4915110819027
„Kundenbeziehungen im Tinder-Modus?“ Mit dieser Frage beginnt die Reise in unserem jüngsten CX Dossier zum Thema Customer Loyalty. Der Hintergrund für diesen Aufhänger: die weit verbreitete These, Kunden wären heute viel wechselbereiter als in früheren Zeiten. Kleiner Spoiler: Die Tinder-These lässt sich bei näherem Hinsehen nur bedingt erhärten. Kunden sind in Wahrheit gar nicht so flatterhaft, wie es oft scheint. Man muss ihnen heute nur mehr (und anderes) bieten, um loyal zu sein. Vielleicht ist es dabei tatsächlich ein wenig wie in Paarbeziehungen: Die Erwartungen der Menschen sind schlicht gestiegen. Und in den „Tinder-Modus“ geraten viele nur, weil ihre Erwartungen enttäuscht werden.