Indirekter Vertrieb: KI-gestützte Fachpartnersuche für den direkten Kundendialog
Direkter oder indirekter Vertrieb? Für B2B-Unternehmen gibt es oft nicht nur einen Distributionsweg. Doch beim rein indirekten Vertrieb, d.h. dem Verkauf an einen Fachpartner oder Händler, gibt es einen großen Nachteil: Unternehmen stehen nicht mehr direkt mit ihren Endkunden in Kontakt und eine direkte Kundenkommunikation ist kaum noch möglich.
Zahlreiche B2B-Unternehmen haben die Relevanz von Kundenwissen erkannt. Generieren sie Daten über ihre Kunden selbst, entsteht aus dem klassischen B2B-Geschäft ein zukunftssicheres B2B2C-Geschäftsmodell. Dabei werden die Fachpartner oder -händler nicht umgangen, sondern auf dem Weg zu den Endkunden aktiv einbezogen und von den Herstellern unterstützt. Die nachfolgende Darstellung zeigt das klassische B2B2C-Geschäftsmodell eines Sanitärherstellers.

Quelle: Vision11
Indirekter Vertrieb vs. direkter Vertrieb?
Eine effektive Methode, um mit Endkunden direkt in Kontakt zu treten, ist die Integration einer Fachpartnersuche in die eigene Webseite. Dieser Touchpoint ist ideal, um als Hersteller mit Endkunden in den Dialog zu treten und so Kontaktdaten zu generieren. Ein Anreiz kann beispielsweise eine Garantieverlängerung darstellen. Registrieren Endkunden ihr Produkt nach dem Kauf, bekommen sie eine einmalige herstellerseitige Garantieverlängerung, beispielsweise von zwei auf drei Jahre.
Um bereits vor dem Kauf und der Entscheidungsfindung an Kundendaten zu gelangen, empfiehlt es sich für Hersteller, eine Online-Fachpartnersuche als Service für potenzielle Käufer ihrer Produkte anzubieten. Dabei geht es primär nicht darum, den Endkunden sofort an einen Fachpartner weiterzuleiten, sondern den Erstkontakt als Hersteller bzw. Marke herzustellen. Ziel ist es, relevante Informationen vom Endkunden zu erhalten und diese im eigenen CRM-System zu erfassen.
B2B2C: Use Case
Während der Fachpartner oder Händler in einem B2B2C-Geschäftsmodell in den meisten Fällen das mittlere „B“ repräsentiert und somit den direkten Kontakt zum Endkunden hat, positioniert sich in diesem Use Case der Hersteller selbst in der Mitte. Aus einer kettenförmigen Kommunikation entsteht eine kreisförmige B2B2C-Beziehung, von der jeder Akteur profitiert.

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Um vom indirekten Vertrieb auf einen dreistufigen Vertriebsprozess zu wechseln, bildet eine CRM-Lösung die Basis. Neben der CRM-Applikation für den Vertriebsaußendienst sollten sowohl ein Onlineportal für Fachpartner als auch ein Online-Bereich für Endkunden existieren. Endkunden werden nach ihrer Recherche direkt über ein entsprechendes Formular erfasst und an einen geeigneten Fachpartner weitergeleitet. Handelt es sich um Interessenten oder Neukunden, ist eine initiale Zuordnung zu einem Fachpartner erforderlich. Bei Bestandskunden kann der Hersteller selbst eine Garantieverlängerung anbieten oder Cross- und Up-Selling-Möglichkeiten nutzen.
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Indirekter Vertrieb: Der Weg der Endkunden zum richtigen Fachpartner
Aber wie wird der passende Fachpartner bestimmt? Die Antwort lautet: Anhand von vielen relevanten Kriterien und mithilfe von KI-Algorithmen. In erster Linie gilt es, die Fachpartner anhand der geographischen Kriterien und einer intelligenten Umkreissuche einzugrenzen. Entscheidend ist dabei, die Umkreissuche nicht in einem festen Umkreisradius von z.B. 20 km durchzuführen oder die niedrigste Entfernung als entscheidendes Kriterium festzulegen. Stattdessen bildet eine feste Anzahl der Fachpartner aus der Region die Grundlage.
Im zweiten Schritt erfolgt die Prüfung anhand verschiedener Kriterien, welcher Fachpartner aus der Liste am besten geeignet ist. Der Algorithmus berücksichtigt dabei alle relevanten Informationen im CRM, wie den Fachpartner-Status, die Erfolgsquote im Verkauf, geschultes Personal, Zertifizierungen, Antwortzeiten, Kundenbewertungen und viele weitere strukturierte Daten.
Interessenten erhalten das Ergebnis direkt, kombiniert mit dem Vorschlag, dass sich der Fachpartner bei ihnen meldet. Gleichzeitig wird der entsprechende Fachpartner im Onlineportal informiert, dass ein neuer Lead oder Interessent vorliegt und auf seine Rückmeldung wartet. Werden neue Leads innerhalb einer bestimmten Zeit nicht bearbeitet, erfolgt automatisiert eine Neuzuordnung an den zweitbesten Fachpartner gemäß der durchgeführten Suche.
Einsatz von KI-Technologie bei der Fachpartnersuche
Bei dieser komplexen Aufgabe bietet sich die Verwendung einer sogenannten „Multi-Label Classification“ an. Durch die Verwendung der vorher im CRM identifizierten Features kann der k-Nearest-Neighbor-Algorithmus (kNN) hier die entsprechenden Fachpartner identifizieren.
Die entsprechende Zuordnung ermöglicht es technisch und mathematisch, die Fachpartner in verschiedene Klassen einzuteilen. Je nach Reaktionszeit schlägt der Algorithmus entsprechend den nächsten bzw. den zweitbesten Fachpartner vor. Wird ein neuer Fachpartner registriert, erfolgt die Zuordnung jeweils automatisch aufgrund der vorgegebenen Features. Der Vorteil bei einer Multi-Label Classification ist, dass sämtliche Fachpartner einer Kategorie zugeordnet werden können.

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Eine andere KI-Methode wäre die „Binary Classification“. Dabei handelt es sich um einen Prozess der Klassifizierung, bei der gegebene Daten in zwei Klassen eingeteilt werden. Bei dieser Art der Klassifizierung kann es vorkommen, dass eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist. Darüber hinaus lassen sich Fachpartner sogar zwei Klassen zuordnen, wenn sie keine eindeutige Klassifizierung besitzen.

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Die Anzahl der entsprechenden Features ist nicht limitiert. Eine mehrdimensionale Klassifizierung ist somit kein Problem. Eine Kombination mit einer entsprechenden Kundenklassifizierung kann nochmals das Matching und somit nicht nur die Qualität der Vorschlagliste, sondern auch die entsprechende Kundenzufriedenheit steigern.
Neue Entwicklungen und Trends
Aktuell sind mehrere Trends und Weiterentwicklungen im Bereich der KI-gestützten Fachpartnersuche zu beobachten. Deep Learning und neuronale Netze sind zunehmend in der Lage, komplexe Muster in großen Datenmengen zu erkennen, und könnten die bisherigen Methoden wie k-Nearest-Neighbor (kNN) oder Multi-Label Classification ergänzen oder sogar ersetzen. Fortschritte im Bereich des Natural Language Processing (NLP) ermöglichen zudem eine bessere Analyse und Verarbeitung von unstrukturierten Daten wie Kundenbewertungen, Feedback und Supportanfragen, was zu einer präziseren Fachpartnerzuordnung führen kann.
Viele CRM-Anbieter kombinieren ihre Lösungen mit modernen KI-Technologien und bieten dadurch immer bessere und präzisere Vorhersagen oder Zuordnungen von Leads zu Fachpartnern. In den meisten Fällen sind die dabei eingesetzten KI-Modelle jedoch nicht transparent, was innerhalb eines CRM-Systems zu mehreren Black-Boxen führt, die kaum jemand richtig versteht. Diese Intransparenz wird von CRM-Herstellern oft mit Aussagen wie „Das macht die KI“ abgetan.
Moderne Technologien ermöglichen es, wertvolle verhaltensbasierte Informationen zu sammeln, noch bevor ein Interessent das Kontaktformular auf der Webseite ausfüllt. Durch die Analyse dieser Insights aus dem Online-Verhalten der Interessenten können genauere Vorhersagen darüber getroffen werden, welche Fachpartner für bestimmte Kunden am besten geeignet sind.
Fazit
Fachpartner spielen eine entscheidende Rolle im indirekten Vertrieb. Eine gute Beziehung zu ihnen ist genauso wichtig wie die Relevanz der Marke für die Endkunden. Auf dem Weg von einem klassischen B2B-Unternehmen zu einem erfolgreichen kundenzentrierten und datengetriebenen B2B2C-Unternehmen müssen sich Hersteller intensiv um ihre Endkundenbeziehungen kümmern, ohne die Fachpartner zu umgehen.
Ziel ist es, als Hersteller die mittlere Position „B“ im B2B2C-Geschäftsmodell einzunehmen. Die Fachpartnersuche ermöglicht einen guten Einstieg, um relevante Kundendaten zu generieren und eine direkte Beziehung zum Endkunden aufzubauen. Dieser direkte Kontakt öffnet Herstellern viele neue Möglichkeiten und Business Cases im After Sales Umfeld. Ob es sich um die Wartung, den Verkauf von Ersatzteilen oder neue Cross-Selling-Potenziale handelt – aus einer indirekten Kundenbeziehung entstehen direkte Verkaufschancen. An dieser Stelle ist auch das Feedback der Endkunden nicht zu unterschätzen, sowohl zur eigenen Produktpalette als auch zu den autorisierten oder nicht autorisierten Fachpartnern.
Mit zunehmender Menge der vorhandenen Daten und Informationen sind klassische CRM-Lösungen nicht mehr in der Lage, diese sinnvoll und zeitnah zu verarbeiten und daraus wertvolle und sofort nutzbare Erkenntnisse zu generieren. Deshalb haben sich KI-Algorithmen zu einem festen Bestandteil von CRM-Lösungen für den indirekten Vertrieb entwickelt. Durch den gezielten Einsatz der künstlichen Intelligenz im CRM können Hersteller verlässliche Vorhersagen auf Basis der vorliegenden Daten treffen. Somit lässt sich das künftige Geschäft nicht nur vorhersagen, sondern auch aktiv steuern und gestalten.
Künstliche Intelligenz ist kein Hexenwerk. Bereits mit einem überschaubaren Aufwand lassen sich die ersten messbaren positiven Ergebnisse erzielen. Holen Sie sich die entsprechenden KI-Expertise ins Haus und nutzen Sie die Vorteile der künstlichen Intelligenz für Ihre indirekte Vertriebsorganisation.
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Sergej Plovs
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Auf dem Weg von einem klassischen B2B-Unternehmen zu einer erfolgreichen datengetriebenen B2B2C-Company müssen sich Hersteller intensiv um ihre Endkundenbeziehungen kümmern. Eine Möglichkeit der direkten Kommunikation mit Endkunden im indirekten Vertrieb stellt die KI-gestützte Fachpartnersuche auf der eigenen Webseite dar.