KI-gestütztes Online-Marketing: Wer gesehen werden will, muss verstanden werden
Kaum an den Sommer gedacht, da taucht er auf: der schwarze Bikini. Aber nicht irgendeiner – sondern genau das Modell, das vor ein paar Tagen schon einmal kurz zwischen den Instagram-Storys zu sehen war. Man hatte weitergewischt, ihn kaum beachtet. Und doch ist er wieder da. Fast wie unsichtbar gesteuert, perfekt ins Blickfeld gerückt.
Was so zufällig wirkt, ist in Wahrheit das Ergebnis hochkomplexer Systeme. Künstliche Intelligenz registriert längst mehr als nur Klicks. Sie analysiert Verweildauer, Scroll-Verhalten, Tageszeit, Nutzungskontext und trifft damit oft den passenden Moment.
Im KI-gestützten Online-Marketing verschiebt sich dadurch nicht nur das Timing, sondern auch der Fokus: Aufmerksamkeit wird nicht mehr bloß angestrebt – sie wird mithilfe von KI berechnet, vorhergesagt und gezielt ausgespielt.
Eine aktuelle Bitkom-Studie zeigt, dass diese Entwicklung theoretisch bereits angekommen ist. 73 % der befragten Unternehmen sehen in KI die wichtigste Zukunftstechnologie. 78 % bewerten sie als Chance. Aber: Nur 20 % nutzen sie bislang aktiv im Marketing. Der Großteil zögert noch oder beobachtet erst einmal.
Dabei ist die entscheidende Frage längst nicht mehr, ob KI das Online-Marketing verändert – sondern wie man KI sinnvoll einsetzt.
Dieser Beitrag zeigt, wie Künstliche Intelligenz das Online-Marketing bereits heute verändert – von der automatisierten Content-Erstellung bis hin zur datenbasierten Zielgruppenansprache. Im Zentrum stehen dabei die Entwicklungen in SEO und SEA: Wo Sichtbarkeit neu verhandelt wird, wie Systeme statt Nutzende entscheiden – und worauf es ankommt, um im KI-gesteuerten Auswahlprozess relevant zu bleiben.
Was KI im Online-Marketing schon leistet
Viele sehen in KI vor allem eines: eine Abkürzung. Weniger Aufwand, schnellere Umsetzung, automatisierte Abläufe. Und ja, das kann sie leisten.
Doch wer KI nur als Effizienz-Tool versteht, lässt Potenziale liegen. Denn richtig eingesetzt, kann sie Denkprozesse anstoßen, Routinen hinterfragen – und neue Wege in den alltäglichen Marketing-Routinen eröffnen.
Wird KI also als Impulsgeber genutzt, verändert sie nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Qualität von Entscheidungen. Strategien entstehen unter anderen Bedingungen, Abwägungen werden datenbasiert getroffen – und Maßnahmen lassen sich gezielter aufsetzen und evaluieren.
Ein paar Beispiele aus der Praxis:

Amazon
Nutzt KI zur Generierung von Produktbeschreibungen, Bildern und Anzeigen. Laut Vice President Dharmesh Mehta setzen bereits 30.000 europäische Händler diese Funktionen ein – mit bis zu 20 % höherer Click-Through-Rate.

Spotify
Kuratiert wöchentlich Millionen Playlists – KI-basiert. Verweildauer, Likes, Uhrzeit und Nutzerverhalten fließen ein. Ergebnis: Empfehlungen, die überraschen und binden.

Google Ads
Mit Formaten wie Performance Max und Demand Gen erfolgt die Ausspielung KI-gestützt. Echtzeit-Verhaltensdaten ersetzen starre Zielgruppen. Der Effekt: bis zu 14 % mehr Conversions bei konstanten Kosten.

Meta
Setzt mit Advantage+ Creative auf automatisierte Tests aus Bild-, Text- und CTA-Varianten. Der ROAS steigt im Schnitt um 22 %, Conversions durch Bildvariationen um weitere 7 %.
Ein erstes Zwischenfazit
Die eigentliche Experimentierphase liegt hinter uns. KI ist im Online-Marketing inzwischen fester Bestandteil vieler Prozesse. Sie generiert Texte und Bilder automatisiert, personalisiert Inhalte anhand des Nutzerverhaltens, steuert Zielgruppen dynamisch aus und testet Varianten in Echtzeit gegeneinander. Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was bereits möglich ist. Wer mit sauberen Daten arbeitet und bereit ist, Routinen zu hinterfragen, kann schon heute echten Mehrwert aus KI-gestützten Ansätzen ziehen.
SEO & SEA im Wandel: Was Sichtbarkeit heute bedeutet
Lange Zeit folgte SEO einer vertrauten Logik: gute Inhalte, klare Struktur, technische Hygiene – und mit etwas Geduld landete man dort, wo Aufmerksamkeit beginnt. An diesem Grundprinzip hat sich wenig geändert. Was sich jedoch verändert hat, ist das Umfeld.
Suchmaschinen werden heute nicht mehr nur als Werkzeuge genutzt, sondern zunehmend als Gesprächspartner. Mit Googles Search Generative Experience oder Plattformen wie Perplexity oder ChatGPT mit Browsing-Funktion verschiebt sich der Fokus: Rankings treten in den Hintergrund, Antworten und Vorauswahlen gewinnen an Bedeutung. Suchende erhalten nicht mehr nur Listen, sondern Empfehlungen, welche die Systeme auf Basis von Kontext und Relevanz treffen.
Trotzdem ist AI-SEO kein kompletter Neustart, sondern eher ein Perspektivenwechsel. Vieles, was in der klassischen Optimierung galt, bleibt bestehen: saubere Inhalte, nachvollziehbare Strukturen und eine klare inhaltliche Relevanz. Allerdings reicht es eben nicht mehr, ausschließlich für Menschen zu schreiben. Inhalte müssen auch so aufbereitet sein, dass KI-Systeme sie zuverlässig erkennen und einordnen können.
Gleichzeitig steigt der Anspruch an den Kontext. KI-gestützte Suchsysteme orientieren sich stärker an Entitäten als an reinen Keywords. Sie erkennen Themenfelder, verknüpfen Informationen semantisch und gleichen Inhalte mit bestehenden Wissensquellen ab. Wer unter diesen Bedingungen sichtbar bleiben will, braucht mehr als das richtige Schlagwort – er muss seine Themen sauber einordnen und vernetzen.
Auch der Stil verändert sich. Inhalte, die präzise auf konkrete Fragen antworten, funktionieren besser als solche, die möglichst umfassend alle Aspekte behandeln wollen. Strukturelemente wie FAQ-Bereiche, Aufzählungen oder präzise formulierte Zwischenüberschriften erleichtern nicht nur die Leserführung, sondern auch die maschinelle Verarbeitung. Answer Engine Optimization wird dabei zu einem immer wichtigeren Stichwort.
Auch Werbung muss lesbar sein
Bei SEA zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: Sichtbarkeit allein reicht nicht mehr aus. Wenn Suchprozesse intelligenter werden, genügt es nicht, mit Anzeigen aufzufallen. Werbung muss in die Systemlogik passen. Kampagnen, die Verhalten kontextualisieren, statt nur demografische Zielgruppen anzusprechen, erzielen bessere Ergebnisse. Google berichtet beispielsweise von bis zu 14 % höheren Conversion-Raten bei Demand-Gen-Kampagnen, die Nutzerverhalten in Echtzeit berücksichtigen.
Was folgt daraus? SEO und SEA entwickeln sich nicht voneinander weg, sondern zunehmend aufeinander zu. Beide Disziplinen zielen auf Relevanz – die eine langfristig und inhaltlich, die andere kurzfristig und impulsstark. Und beide müssen so gestaltet sein, dass sie nicht nur von Menschen verstanden werden, sondern auch von den Systemen, die die Ergebnisse heute zunehmend vorfiltern.
Wer entscheidet, wenn Maschinen empfehlen?
Sichtbarkeit entscheidet nach wie vor darüber, welche Produkte wahrgenommen werden. Doch eine neue Frage wird immer drängender: Was passiert, wenn nicht mehr der Mensch sucht, sondern ein KI-System für ihn auswählt?
Noch übernehmen Nutzer:innen viele Entscheidungen selbst. Aber mit der Verbreitung von KI-gesteuerten Assistenten und Empfehlungssystemen verschiebt sich das Verhalten zunehmend. Kleine Aufgaben wie Produktempfehlungen oder Preisvergleiche werden schon heute häufig ausgelagert. Der nächste Schritt betrifft dann komplexere Kaufentscheidungen.
Was sich dadurch konkret verändert:

Der klassische Entscheidungs-Funnel wird verkürzt oder teilweise automatisiert. Nicht mehr alle Optionen werden gesehen, sondern nur die, die ein System vorab für relevant hält.

Sichtbarkeit in der Suche reicht nicht mehr aus. Entscheidend ist, in der Auswahllogik der KI präsent zu sein – z. B. über strukturierte Produktdaten, saubere Kategorisierung und maschinenlesbare Bewertungen.

Empfehlungen ersetzen den aktiven Vergleich. Wer nicht sauber integriert ist – etwa über fehlende Schnittstellen, uneinheitliche Informationen oder mangelhafte Reputationssignale – wird wahrscheinlich ausgeschlossen.

Marken verlieren an Kontrolle über den Touchpoint. Der direkte Einfluss sinkt, die Bedeutung systemischer Auffindbarkeit steigt.
Was heißt das für Unternehmen?
Es geht heute um mehr, als in Kampagnen zu investieren. Denn Relevanz entsteht nicht mehr nur durch Aufmerksamkeit, sondern durch technische Lesbarkeit. Wer im KI-gesteuerten Auswahlprozess sichtbar bleiben will, muss Produkte, Services und Inhalte so aufbereiten, dass sie nicht nur überzeugen – sondern auch gefunden und empfohlen werden.
Fazit: Marketing neu denken – nicht neu erfinden
Online-Marketing verändert sich nicht, weil wir neue Tools haben – sondern weil Entscheidungen anders getroffen werden: vorausschauender, gefilterter und oftmals automatisiert.
Was das konkret bedeutet:
- Wer Vertrauen aufbaut, relevante Inhalte liefert und Daten strategisch nutzt, ist gut aufgestellt.
- Es braucht kein radikales Umdenken, sondern ein tiefes Verständnis für den Wandel der Auswahlmechanismen.
- Ziel ist es nicht, Maschinen zu beeindrucken, sondern stattzufinden, wenn sie entscheiden.
Jetzt ist also ein guter Moment, KI im Marketing nicht mehr nur zu beobachten, sondern aktiv und gezielt in die eigene Strategie zu integrieren.

Michelle Miltz
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