Immer erst die Kunden fragen: Durch Kunden-Feedback zu mehr Kundenzufriedenheit

  |   CX Consulting ,

Mit Fallbeispiel aus der CRM-Praxis 

Kundenorientierung gilt als Schlüssel für nachhaltigen Geschäftserfolg. Doch selbst die wohlmeinendsten Maßnahmen, die darauf abzielen, den Kundennutzen zu maximieren, können unter Umständen genau das Gegenteil bewirken: Frust und Unzufriedenheit. 

 

Warum? Oftmals werden Kundenbedürfnisse und Erwartungen nur oberflächlich analysiert oder schlichtweg missverstanden. Um solche Fehltritte zu vermeiden, ist es essenziell, die Zielgruppe von Beginn an aktiv miteinzubeziehen und deren tatsächliche Wünsche und Anforderungen genau zu verstehen.  

 

Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Kundenzentrierung oft nur als Schlagwort verwendet wird. Eine der größten Herausforderungen besteht also darin, sie wirklich umzusetzen und die tatsächlichen Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Viel zu häufig bleiben Unternehmen hier in einer Inside-Out-Perspektive verfangen. Sprich: Ziele und KPIs werden weiterhin aus der internen Sichtweise definiert – losgelöst von den eigentlichen Kundenwünschen. 

Von Inside-Out zu Outside-In 

Was aber bedeutet es wirklich, sich einer Outside-In-Betrachtung zuzuwenden? Dieser Perspektivenwechsel erfordert, dass Unternehmen die Customer Journey nicht länger aus ihrer eigenen Sicht gestalten, sondern aus der Perspektive ihrer Kunden. Sie müssen hinterfragen, ob die festgelegten Prozesse, Ziele und Interaktionen tatsächlich die Anforderungen und Wünsche ihrer Zielgruppe widerspiegeln – oder ob sie lediglich den idealisierten Vorstellungen des Unternehmens entsprechen. 

 

Ein zentraler Ausgangspunkt für die entsprechenden Überlegungen ist die Customer Journey. Wird sie aus den Augen der Kunden betrachtet, ist sie eine wertvolle Quelle für kundenbezogene Einsichten. Häufig jedoch gestalten Unternehmen diese Journey nach ihren eigenen Annahmen oder Wünschen. 

 

Doch warum nicht direkt die Kunden fragen? Warum werden (vielleicht längst vorhandene) Kunden-Feedbacks nicht gezielt genutzt, um herauszufinden, an welchen Berührungspunkten die Kunden Mehrwert und Verbesserungen erwarten? Immerhin können solche Erkenntnisse nicht nur die Zufriedenheit steigern, sondern auch die Loyalität nachhaltig fördern. 

 

Ein Praxisbeispiel aus der Werkzeugbranche zeigt eindrucksvoll, welche Bedeutung die Outside-In-Perspektive hat und welche unerwarteten Folgen es haben kann, wenn Unternehmen diese ignorieren. Dabei verdeutlicht es, dass vermeintliche Verbesserungen, die rein intern definiert werden, nicht nur am Kunden vorbeizielen können, sondern auch die Kundenzufriedenheit gefährden. 

Ambitionierte Ziele ohne Kundenperspektive 

Ein Werkzeughändler stand vor der Herausforderung, seinen Vertriebsprozess stärker an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Der Fokus lag zunächst auf der Optimierung der Bestell- und Lieferprozesse, da diese als entscheidende Faktoren für die Kundenzufriedenheit identifiziert wurden. Im Rahmen eines ehrgeizigen Optimierungsprojekts identifizierte das Unternehmen drei Handlungsfelder, an denen es ansetzen wollte – und definierte auf der Basis aktueller Kennzahlen drei zentrale Ziele: 

Diese Zieldefinition basierte jedoch ausschließlich auf internen Analysen und Prozessüberlegungen – ohne die tatsächlichen Erwartungen der Kunden zu berücksichtigen. Obwohl die Ausgangssituation Potenzial für Verbesserungen zeigte, blieb also ein entscheidender Aspekt außen vor: die Perspektive der Kunden. 

So war unklar, ob die definierten Ziele mit den tatsächlichen Wünschen der Kunden übereinstimmten: ein Risiko, das sich später als entscheidend erweisen sollte. 

Prozessoptimierung mit überraschenden Ergebnissen
 

Das Unternehmen entschied sich, die Optimierung des Bestell- und Lieferprozesses eigenständig, ohne externe Unterstützung, durchzuführen. In einem Zeitraum von vier Monaten wurden die internen Prozesse überarbeitet, Datenflüsse angepasst und Logistikabläufe optimiert. Nach weiteren sechs Monaten erfolgte eine Messung der Ergebnisse. Die Ergebnisse waren zunächst überzeugend: 
 

Auf den ersten Blick schien das Projekt also ein Erfolg zu sein. Zwei der drei KPIs zeigten deutliche Verbesserungen, und die Lieferprozesse waren effizienter als zuvor. Doch die Überraschung folgte: Die Kundenzufriedenheit, gemessen am Net Promoter Score (NPS), sank innerhalb von sechs Monaten um erhebliche 23 Punkte. 

 

Diese Diskrepanz zwischen operativen Verbesserungen und einer massiven Verschlechterung der Kundenwahrnehmung machte klar, dass trotz optimierter Prozesse etwas Grundlegendes übersehen worden war. 

Gestiegene Erwartungen: Wenn Verbesserungen zu Unzufriedenheit führen 
 

Die deutliche Verschlechterung des Net Promoter Scores war für das Unternehmen zunächst rätselhaft. Trotz schnellerer Lieferzeiten und optimierter Prozesse sank die Kundenzufriedenheit dramatisch. Um die Ursachen zu verstehen, zog das Unternehmen externe Experten hinzu. Eine ausführliche Analyse brachte ein zentrales Problem ans Licht: Die neuen Prozesse hatten ungewollt die Kundenerwartungen verändert. 

 

Eine gezielte Kundenbefragung sollte klären, welche Erwartungen Kunden tatsächlich an die Lieferprozesse hatten. Dabei ergab sich ein überraschendes Bild: Die meisten Kunden waren bereits mit Lieferzeiten von durchschnittlich sechs Werktagen zufrieden. Diese Erwartungen wurden durch die alten Abläufe des Unternehmens sogar regelmäßig übertroffen. 

 

Mit der Einführung der neuen, schnelleren Lieferterminprognosen und der Versprechen von Lieferzeiten innerhalb von vier Werktagen hatten sich die Erwartungen jedoch verschoben. Die Kunden orientierten sich nun an den neuen, ambitionierten Zielen des Unternehmens. 

 

Das Ergebnis war eine Diskrepanz zwischen den versprochenen Lieferzeiten und den tatsächlichen Lieferungen. Obwohl die Kunden ihre Bestellungen im Durchschnitt schneller erhielten als zuvor, empfanden sie verspätete Lieferungen im Vergleich zu den neuen Standards als negativ. 

 

Die gestiegenen Erwartungen führten also dazu, dass objektive Verbesserungen in der Prozessgeschwindigkeit nicht als solche wahrgenommen wurden. Im Gegenteil: Das Unternehmen hatte mit seinen optimierten Prozessen unbewusst die Grundlage für gesteigerte Unzufriedenheit geschaffen – ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig es ist, die Perspektive der Kunden zu berücksichtigen und ihre Erwartungen aktiv zu managen. 

Lessons Learned: Prinzipien für eine erfolgreiche Kundenzentrierung 
 

Das Praxisbeispiel des Werkzeughändlers zeigt eindeutig, wie wichtig die Outside-In-Perspektive für eine erfolgreiche Kundenzentrierung ist. Interne Optimierungen, die ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Kundenerwartungen erfolgen, können zu unerwarteten und kontraproduktiven Ergebnissen führen. Unternehmen müssen daher die Erwartungen und Bedürfnisse ihrer Kunden aktiv in die Zieldefinition einbinden, um langfristige Zufriedenheit und Loyalität sicherzustellen. Die folgenden Erkenntnisse bieten einen klaren Leitfaden: 

1-Icon

Kundenbefragungen als Grundlage

 

Bevor operative Ziele und KPIs definiert werden, sollten Unternehmen ihre Kunden direkt befragen. Mit gezielten Umfragen und einer klaren Methodik lassen sich die tatsächlichen Erwartungen und Prioritäten der Kunden ermitteln. Im Fall des Werkzeughändlers hätte eine frühzeitige Kundenumfrage gezeigt, dass Lieferzeiten von durchschnittlich sechs Werktagen vollkommen ausreichend waren. Eine solche Erkenntnis hätte die Überoptimierung und die daraus resultierende Unzufriedenheit vermieden.

2-Icon

KPIs gemeinsam mit Kunden entwickeln

 

Ziele sollten nicht ausschließlich aus einer internen Perspektive heraus festgelegt werden. Die Einbindung von Kunden bei der Zielentwicklung schafft nicht nur realistische Maßstäbe, sondern hilft auch, Erwartungen gezielt zu managen. Ziele, die erreichbar und sogar übertroffen werden können, führen zu einer nachhaltig höheren Kundenzufriedenheit.

3-Icon

Erwartungsmanagement als Teil der Kommunikation

 

Die transparente und frühzeitige Kommunikation realistischer Lieferzeiten ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden. Kunden sollten verstehen, warum bestimmte Ziele gesetzt werden und welche Rahmenbedingungen diese beeinflussen.

4-Icon

Underpromise and Overdeliver

 

Die Regel „Underpromise and Overdeliver“ ist eine bewährte Methode, um Kundenerwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen. Lieber ein Versprechen geben, das sicher eingehalten werden kann, und dieses dann regelmäßig übertreffen! Dies sorgt nicht nur für positive Überraschungen bei den Kunden, sondern schützt das Unternehmen auch vor unnötigem Druck und unrealistischen Erwartungen. 

Durch die konsequente Anwendung dieser Prinzipien können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Optimierungsmaßnahmen nicht am Kunden vorbei gehen, sondern die Kundenzufriedenheit gezielt steigern. 

Fazit: Kundenperspektive als Schlüssel zur nachhaltigen Kundenzufriedenheit

 

Unser Praxisbeispiel zeigt nachdrücklich, wie wichtig es ist, Kundenorientierung nicht nur als Worthülse zu betrachten, sondern sie konsequent in allen Unternehmensprozessen zu verankern. Prozessoptimierungen, die ausschließlich aus einer internen Perspektive erfolgen, bergen das Risiko, die Erwartungen der Kunden zu verfehlen – selbst, wenn die objektiven Ergebnisse auf Verbesserungen hindeuten. 

 

Der Schlüssel liegt in der Outside-In-Perspektive: Unternehmen sollten die tatsächlichen Bedürfnisse ihrer Kunden verstehen und aktiv in die Zielsetzung und in die Prozessgestaltung einfließen lassen. Kunden-Feedback ist dabei unverzichtbar. Es ermöglicht nicht nur eine realistische Zieldefinition, sondern hilft auch, die Erwartungen gezielt zu managen. Das Beispiel des Werkzeughändlers verdeutlicht hier, dass optimierte Prozesse allein nicht ausreichen, wenn sie die Wahrnehmung und die Zufriedenheit der Kunden negativ beeinflussen. 

 

Kundenzentrierung ist kein abstrakter Begriff, sondern eine gelebte Praxis, die durch konkrete Maßnahmen und den ständigen Dialog mit den Kunden umgesetzt wird. Unternehmen, die die Outside-In-Perspektive in den Mittelpunkt ihrer Strategien stellen, stärken nicht nur die Kundenbindung, sondern schaffen auch eine Grundlage für langfristigen Erfolg. Schließlich gilt:  

 

Der Kunde ist nicht Teil des Prozesses: Er ist der Maßstab. 

Sergej

Sergej Plovs

M +4915146124767

Ein Unternehmen verbessert seine Prozesse, verkürzt Lieferzeiten – und verliert trotzdem an Kundenzufriedenheit. Warum? Weil es eine entscheidende Sache übersehen hat: die tatsächlichen Erwartungen der Kunden.