Life Science: Künstliche Intelligenz in der Medizin
Um Akzeptanz für eine neue Technologie zu schaffen, muss man den Nutzen für den Menschen klar in den Vordergrund stellen. Eben dies gilt für die Technologie hinter künstlicher Intelligenz (KI). Allerdings wirkt das Werkzeug der Zukunft für viele noch sehr abstrakt und fremd. Die folgenden Praxisbeispiele, bei denen künstliche Intelligenz in der Medizin zum Einsatz kommt, verdeutlichen den Mehrwert. Eine wichtige Rolle spielen dabei Clusterungsverfahren und Internet of Things (IoT). Die Verbindung der beiden Technologien des maschinellen Lernens in den Beispielen zeigt den ganzheitlichen Ansatz der KI-Systeme: Vom ersten Patientenkontakt bis hin zur Steuerung von Reha-Geräten.
Problemstellungen in der Life Science-Branche
Hoher Verwaltungsaufwand zwischen Kliniken und Forschungseinrichtungen
Ein Klinikum besteht aus mehreren Abteilungen und Polikliniken. Größere Kliniken sind sehr in der Forschung aktiv und wurden aus einer Universität gegründet. Ein Beispiel dafür stellt das Klinikum Großhadern zusammen mit der LMU München dar. Doch die Größe des Klinikums und die Vernetzung mit der LMU und ihren Forschungsabteilungen führt unweigerlich zu folgender Problematik: Der Verwaltungsaufwand ist extrem hoch, sodass ein gezielter Informationsaustausch nur sehr schwer möglich ist. Deshalb ist die Bildung von Daten-Inseln unausweichlich und auch historisch gegeben.
Fehlende Steuerung zwischen Schnittstellen
Das Problem liegt dabei häufig in den Schnittmengen der unterschiedlichen Forschungsthemen. So kann zum Beispiel die Orthopädie an einem Thema arbeiten, das durchaus einen Mehrwert im Bereich der Neurologie bietet. Und auch die Unfallchirurgie könnte bei der Versorgung von Patienten einen extremen Mehrwert aus den beiden Forschungsthemen gewinnen. Doch wie kann man die Informationen steuern und entsprechend platzieren? Bei der hohen Anzahl von Forschungsthemen den Überblick zu behalten, ist extrem schwer. Allerdings braucht es diese Übersicht, um relevante Themen und Schnittmengen zwischen den verschiedenen Forschungen zu identifizieren.
Unterschiedliche Vorbedingungen und Indikationen der Patienten
Zusätzlich wirken sich die unterschiedlichen Vorbedingungen und Indikationen der Patienten erschwerend darauf aus. Denn es kann z.B. bei der Versorgung von querschnittsgelähmten Patienten die Höhe des Querschnitts eine entscheidende Rolle spielen. Forschungen und Hilfsmittel kann man hier nur explizit für Patienten nutzen, die ab der Hüfte abwärts gelähmt sind. Für Patienten mit einer Lähmung ab Höhe des Halswirbels gilt dies jedoch nicht. Eine schnelle Zuordnung ist aber notwendig, um sofort nach einer Operation die richtigen Maßnahmen zu identifizieren.
Die Lösung für die Life Science-Branche
Der Einsatz einer künstlichen Intelligenz in der Medizin ist aufgrund der großen Datenmengen und der komplexen Zusammenhänge und Vorbedingungen sinnvoll. Hier ist auch die Anwendung verschiedener Techniken des maschinellen Lernens notwendig. Dazu zählen Clusterungsverfahren, das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) und IoT.
Die Systemarchitektur für die Daten- und Informationskonsolidierung kann wie folgt aussehen:
Quelle: Vision11
Wie können Kliniken ihre Patienten nun bestmöglich versorgen? Und welche Rehabilitationsmaßnahmen sind für die einzelnen Patienten passend und zielführend?
Der Einsatz von Clusterungsverfahren
Um diese zentralen Fragenstellungen beantworten zu können, setzt man im ersten Schritt ein Clusterungsverfahren über den k-Means-Algorithmus an. Durch diese Technologie ist es möglich, die Datenmenge in möglichst homogene Teilmengen zu unterteilen. Als Ergebnis erhält man kategorisierte Informationsobjekte in Klassen, Cluster und Segmente.
Der Vorteil bei der Verwendung des k-Means Algorithmus ist, dass es sich um unüberwachtes Lernen (unsupervised learning) handelt. Die Informationsobjekte muss man dabei nicht selbst zuordnen. Stattdessen werden Gruppen intelligent und eigenständig identifiziert, die man unter Umständen manuell gar nicht erkennen kann.
Funktionsweise der k-Means-Clusterung
Das Verfahren ist ein iteratives Vorgehen mit folgenden Schritten:
Quelle: Vision11
Diese Schritte werden so lange wiederholt:
- bis keine Veränderung der Clusterzentren von der vorherigen Iteration verzeichnet wird oder
- die maximale Anzahl der Iterationen durchlaufen wurde.
Ein anschauliches Beispiel einer Clusteranalyse zur Kundensegmentierung ist auf Datasolut dargestellt.
Nach erfolgreichem Durchlauf der Iterationen sind die vorhandenen Cluster – in diesem Fall Patientengruppen – identifiziert. Nun kann man sie den passenden Behandlungsmöglichkeiten unter Einbezug der neuesten Forschungsprojekte tagesaktuell zuordnen. Über die Weiterleitung der Patienten entscheiden anschließend die behandelnden Ärzte gemeinsam mit den Patienten. Alternativ können sie zur weiteren Abklärung auch die entsprechenden identifizierten Fachstellen kontaktieren.
Life Science-Praxisbeispiel: Exoskelette für die klinische Behandlung und Rehabilitation
Die Anwendung von KI-Systemen soll das Leben verbessern. In meinem Praxisbeispiel besteht das Ziel darin, den Patienten die beste Behandlung und Unterstützung zukommen zu lassen. Und hier bietet ein ganzheitlicher Ansatz der KI-Technologie einen entscheidenden Vorteil. Wie im ersten Beispiel gezeigt, können Patienten einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden. Diese Erkenntnis aus dem Clusterungsverfahren bietet nun die Möglichkeit, über IoT und einer kollaborativen Steuerung die Patienten individuell zu unterstützen.
Bei der Anwendung von Exoskeletten in der Rehabilitation kann man über eine kollaborative Steuerung die Regelparameter vorher schon optimal auf Patienten abstimmen. Wenn die unterschiedlichen Untersuchungen einen Hinweis darauf geben, dass bei einer Elektro-Muskel-Stimulation (EMS) mögliche spastische Lähmungen auftreten, werden die Steuerparameter mittels IoT-Technik an das Gerät gesendet. Dies geschieht voll automatisch und wird mit allen notwendigen Überwachungsparametern abgesichert.
Künftige Herausforderungen beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Medizin
Die vorgestellten Technologien sollten künftig in allen großen Kliniken zum Standard werden. Denn sie bieten sowohl Patienten als auch Ärzten entscheidende Vorteile. Allerdings gilt es beim Einsatz von KI, Maßnahmen zur Datensicherheit zu treffen und diese sicherzustellen. Zusätzlich ist es wichtig, dass für die Technologie die nötige Akzeptanz generiert ist.
Die größte Herausforderung besteht wohl darin, das Vertrauen in die Technologie zu stärken. Denn häufig wird deren Mehrwert noch nicht erkannt: kürzere Reaktionszeiten und eine beschleunigte Koordination von Maßnahmen durch das klinische Personal. Letztendlich führt dies auch zu erheblich kürzeren Reaktionszeiten bei der Patientenversorgung.
Welche Kriterien müssen also erfüllt sein, um die Akzeptanz für diese wertvolle Technologie zu steigern?
Um für eine neue Technologie die nötige Akzeptanz zu schaffen, muss man den Nutzen für den Menschen klar in den Vordergrund stellen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz kann nicht nur die Patientenversorgung wesentlich verbessert werden. Auch unterstützt die Technologie die behandelnden Ärzte mit relevanten Informationen und ermöglicht dadurch kürzere Reaktionszeiten und eine beschleunigte Koordination von Maßnahmen.