Meine Herkunft? Ein Diversity-Thema!
Deutschland ist mein Geburtsland – und mein türkischer Migrationshintergrund ist mein treuester Begleiter. Wenn mich jemand nach meiner Herkunft fragt, antworte ich mit: „München“. Gleichzeitig erwarte ich aber schon die nächste Frage: „Woher ursprünglich?“. Ob es der Name ist, das Aussehen oder andere Merkmale: Etwas an mir scheint diese Fragen bei meinem Gegenüber zu berechtigen. Natürlich frage ich mich was die Absichten hinter solchen Fragen sind. Ich will sie auch nicht gleich falsch interpretieren. Aber irgendwo drückt der Schuh genau an dieser Stelle.
Meine Erfahrungen als Kind
Im Kindesalter machte ich mir nicht viele Gedanken über meine Herkunft und Religion. Dennoch kann ich mich gut daran erinnern, wie meine Mutter auf der Straße aufgrund ihres Kopftuches beleidigt wurde. Trotzdem hielten wir als Familie an der Vorstellung fest, dass nur einige wenige Menschen uns gegenüber feindlich gesinnt waren. Vor allem als Kinder spürten wir keinen Unterschied zu anderen Kindern. Ob Max oder Ali, alle waren gleich für uns.
Erst in der späteren Schulphase merkte ich einen gewissen Unterschied zwischen mir und meinen Mitschülern. Das Gymnasium auf dem ich war hatte einen sehr geringen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund. Umgekehrt kannte ich auch kaum jemanden aus meiner Umgebung, der aufs Gymnasium ging. Die meisten Mitschüler stammten aus wohlhabenden Familien. Dementsprechend war meine soziale Herkunft eine zusätzliche Herausforderung. Obwohl der Start deshalb nicht ganz so einfach war, hatte ich dennoch eine angenehme Schulzeit mit angenehmen Menschen auf allen Ebenen. Das war vor allem auf den respektvollen Umgang und auf die gegenseitige Akzeptanz zurückzuführen.
Was bin ich nun, Türke oder Deutscher?
Mit dem älter werden wurden für mich meine Herkunft und die damit verbundenen Faktoren immer interessanter. Meine Nationalität, meine Sprache und meine Religion gewannen für mich an Bedeutung. Vor allem als junger Erwachsener sind diese Punkte maßgebend bei der Identitätsbildung. Mit dem Erwachsenwerden stellte ich aber auch fest, dass die politische Meinung mancher Leute auch mich selbst treffen könnte. Es gibt durchaus auch einige wenige Stimmen hier im Lande, die Muslime und Türken nicht willkommen heißen. Auch wenn mir bewusst ist, dass die wenigsten so denken, sorgt das für ein mulmiges Gefühl. Dadurch fällt es einem schwer zu wissen, wie jemand wirklich denkt.
Oft fragte ich mich, welche Nationalität nun die meine ist. Bin ich Deutscher, Türke oder doch beides? Es gab einige Menschen, die mir vermittelten, dass ich auch Deutscher sei. Meine Mathelehrerin sagte es mir in der sechsten Klasse. Doch spätestens beim nächsten Amtstermin wurde ich wieder als Türke bezeichnet, was rechtlich gesehen ja auch richtig war. In der Türkei hingegen werden die in Deutschland lebenden Türken als „Almanci“ bezeichnet. Übersetzt heißt das „Deutscher“ oder „Verdeutschter“. Deshalb spreche ich vermutlich vielen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund aus der Seele, wenn ich behaupte, dass weder die eine noch die andere Bezeichnung zu uns passt.
Meine Meinung zu Integration
Das Wort Integration kann ich gar nicht mehr hören. Es gibt keinen sinnvollen Maßstab, der festlegt, was Integration überhaupt ist. Wie die Schönheit, liegt auch die Integration im Auge des Betrachters. Menschen mit Migrationshintergrund wird immer vorgegeben, wie sie sich integrieren können. Doch öfter wird außen vorgelassen, was für sie Integration ist.
So kommen wir als Gesellschaft beispielsweise an die Grenze, wenn wir darüber debattieren, inwiefern eine muslimische Frau als integriert gilt, wenn sie ein Kopftuch trägt. Auch wenn sie die deutsche Sprache perfekt beherrscht und die freiheitlich demokratische Grundordnung akzeptiert, zählt sie für manche als nicht integriert.
Für viele Menschen mit Migrationshintergrund ist es wichtiger, erst einmal akzeptiert und respektiert zu werden. Denn erst dann sollte überhaupt im gegenseitigen Austausch definiert werden, was Integration ist. Wenn die Kommunikation bereits hier scheitert, wird die Integration weiterhin ein gesellschaftliches Problem bleiben.
Meine Erfahrung in der Arbeitswelt
Seit meinem 16. Lebensjahr arbeite ich. In diesen 12 Jahren konnte ich einiges an Erfahrung sammeln. Meine ersten Jobs waren in der Fast-Food-Gastronomie. Tatsächlich haben dort meine Herkunft und Religion niemanden interessiert. Andererseits arbeiteten in dieser Branche überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund.
Mit 18 bewarb ich mich mal bei einem Catering Unternehmen. Hier wurde im Vorfeld eine Schulung gemacht, die gleichzeitig als Eignungsprüfung diente. Bereits während dieser Schulung gab es negative Bemerkungen zu meinem Dreitagebart. Der Leiter meinte: Wenn du so zu einem Event kommst, verpasse ich dir eine russische Rasur.“ Ich nahm das sehr gelassen auf, aber letztendlich bekam ich eine Absage.
Ich machte aber auch sehr positive Erfahrungen. Als ich zum Beispiel während meines Studiums bei einem Fahrradhändler in der Fahrradwerkstatt arbeitete, pflegte ich eine sehr gute Beziehung zum Chef und zu den Mitarbeitenden. Häufig trafen wir uns privat zum Essen und zum Rennradfahren. Durch meine darauffolgende Stelle als Hilfskraft an unserem Lehrstuhl bekam ich einen komplett anderen Blick auf die Arbeitswelt – und lernte dort sehr weltoffene Menschen kennen. Allgemein waren diese Erfahrungen sehr positiv und zeigten mir, dass ich mir oft umsonst viele Gedanken über meine Herkunft und Identität mache.
Mein Weg zu Vision11
Nach meinen letzten Stellen hatte ich neue Ansprüche – und auch mehr Vertrauen in mich selbst. Gleichzeitig sah ich mich auch neuen Herausforderungen gewachsen. Beim Herumstöbern in den Jobportalen stellte ich mir dennoch die Frage, ob ich in das jeweilige Unternehmen passe. Für mich ist es in erster Linie wichtig, dass mein Arbeitgeber und meine Kollegen weltoffene Menschen sind und einen akzeptieren, wie er ist. Und da stieß ich auf die Stellenanzeige von Vision11 – ein Unternehmen, dass sich für Diversity einsetzt und die Charta der Vielfalt unterzeichnet hat. Das war ehrlich gesagt auch entscheidend für meine Bewerbung. Es ist ein sehr erleichterndes Gefühl zu wissen, dass dem Arbeitgeber meine Herkunft und meine Religion egal ist und die Menschlichkeit dafür umso wichtiger ist.
Bereits im Bewerbungsgespräch merkte ich, dass die Hierarchien bei Vision11 flach gehalten werden und das Unternehmen für Vielfalt steht. Die Mitarbeitenden sind sehr bodenständig und freundlich. Man duzt sich untereinander und keiner scheint wichtiger als der andere zu sein. Für mich war schnell klar: Ich will hier arbeiten!
Als ich bei Vision11 angefangen hatte, wurde ich von den Mitarbeitenden und den Geschäftsführern sehr herzlich empfangen. Ich merkte auch gleich, dass diese Menschen genauso sind, wie sie sich mir vorgestellt hatten. Meine Herkunft, meine Religion und mein Aussehen sind irrelevant für das Unternehmen. Das bestätigt mir auch, wie wichtig Vielfalt für Vision11 ist. Als erste Momentaufnahme kann ich sagen: Ich fühle mich hier wohl und geborgen. Wenn mir Vision11 dieses Gefühl nun auch langfristig geben kann, dann macht das Unternehmen auf jeden Fall alles richtig!
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