Salesforce vs. SAP CRM: Vergleich aus Anwendersicht
Viele, die sich in der Entscheidungsfindung für eine neue CRM Lösung befinden oder sich grundsätzlich mit dieser Thematik beschäftigen, stellen sich die Frage: Welches System ist für die Anwender am besten geeignet? Bzw. mit welcher Lösung wird eine hohe Anwenderakzeptanz erreicht? Aus diesem Grund werden hier zwei der marktführenden CRM Sales Lösungen einmal aus der realen Anwendersicht eines Vertriebsmitarbeiters betrachtet und gegenüberstellt: Salesforce vs. SAP.
Ausgangssituation
In 2015 wurde bei Vision11 die SAP CRM Lösung SAP Hybris Cloud for Sales (heute SAP Sales Cloud) eingeführt und hauptsächlich für unsere Sales- und Marketingaktivitäten genutzt. Im Sommer 2019 erfolgte dann der Umstieg auf die Salesforce Sales Cloud sowie Pardot, die Salesfoce B2B Marketinglösung. In diesem Beitrag beleuchten wir ausschließlich den Bereich Vertriebsprozesse und nicht die Marketingfunktionalität. Aktuell nutzen ca. fünfzehn User aus Vertrieb, Teamleitung und Geschäftsführung das CRM System, was zeigt, dass vermeintlich komplexe, große Lösungen durchaus auch für kleinere Unternehmen geeignet sind. Beide Systeme sind diesbezüglich skalierbar. Auch werden weder SAP noch Salesforce an andere Systeme, wie z.B. ERP angebunden. Das bedeutet eine Erleichterung bei der Einführung, da es keine Schnittstellen zu berücksichtigen gibt.
Einführung
Sofern man im Standard bleibt, also die Lösung „out-of-the-box“ einführt, lässt sich die Einführung relativ problemlos durchführen. Bei beiden Einführungen erfolgte der Go-Live innerhalb von vier bis sechs Wochen. Knackpunkt war bei beiden Systemen die Datenübernahme aus dem vorangegangenen Altsystem. Die Übernahme der Kundenstammdaten (Unternehmen, Ansprechpartner etc.) gestaltete sich noch relativ einfach. Problematischer waren die Bewegungsdaten, wie z.B. Besuche, Telefonate etc. oder Daten, die mit verschiedenen Objekten verknüpft waren, wie etwa Aktivitäten, die zu einer Opportunity gehörten. Bei SAP fiel auf, dass die Vorbereitung zur Datenübernahme, also innerhalb der SAP Standard Import-/Exportformate ziemlich aufwändig und kompliziert war. Dieser Aspekt gestaltete sich bei Salesforce einfacher, wenngleich auch bei Salesforce die Datenübernahme nicht ganz reibungslos verlief.
Salesforce vs. SAP: Funktionalität
Grundsätzlich bilden beide Lösungen die Anforderungen eines Vertriebsmitarbeiters an ein CRM System vollständig ab. Teils übersteigen die Funktionen sogar die Anforderungen, die im täglichen Gebrauch benötigt und genutzt werden. Hauptsächlich werden hier das Lead-, Opportunity- und Aktivitäten Management (Termine/Besuche, Telefonate, Mails) sowie die Reporting Funktionalitäten genutzt.
Einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Lösungen gibt es beim Lead Management: Bei SAP werden zum Kunden die jeweiligen Leads angezeigt, ähnlich wie Opportunities und andere abhängige Objekte zum Kunden. Im Gegensatz dazu betrachtet Salesforce Leads als eigene, eher losgelöste Objekte, die anfangs noch nicht mit einem Kunden/Ansprechpartner verknüpft sind. Für Salesforce ist ein Lead ein Kontakt, der sich in einem Leadprozess vom „unqualified Lead“ zum „qualified Lead“ entwickelt. Dieser Prozess wird dabei grafisch all Prozessstrahl dargestellt und kann mit unternehmensspezifischen Anweisungen versehen werden, so dass die Qualifizierung immer nach selbem Schema erfolgen kann. Erst am Ende dieses Prozesses – bei der Konvertierung – wird entschieden, ob die Account-/Kontaktdaten des Leads einem bestehenden Account/Kontakt zuordnet oder neu angelegt werden sollen. Auch ob aus dem Lead eine Opportunity generiert wird, entscheidet sich erst nach dem Prozess.
Etwas nachteilig zeigt sich auch, dass einem Lead keine weiteren Kontakte, d.h. Lead-Beteiligte zugeordnet werden können. In der Praxis kommt es doch öfters vor, dass bereits im Leadstadium mehrere Personen beteiligt sind oder der ursprüngliche Kontakt nicht mehr thematisch zuständig ist. Dies ist zwar durch ein einfaches Customizing möglich, aber wir hätten es uns im Standard gewünscht.
Apropos Wunschliste: Gerade bei größeren Unternehmen ist man im Qualifizierungsprozess mit mehr als nur einer Person im Kontakt. Jede Person muss hier als separater Lead erfasst werden. Es wäre daher wünschenswert, wenn man diese Leads miteinander verknüpfen (was aktuell auch nur über ein Customizing geht) und diese dann auch zusammen konvertieren könnte, anstatt einen nach dem anderen rauszusuchen und die Konvertierung dann für jeden Lead einzeln durchzuführen.
Wie auch beim Leadprozess wird im Opportunity Management in Salesforce der Vertriebsprozess grafisch visualisiert und kann ebenfalls mit einer „Anleitung zum Erfolg“ versehen werden. Somit ist der Fortschritt im Prozess einfacher zu erkennen und neuen Mitarbeitern fällt es leichter, sich in den Prozess einzuarbeiten.
Quelle: Vision11
Die Outlook Integration ist gerade im Vertrieb eine zentrale und wichtige Funktion. Bei SAP ist diese zwar als Outlook Add-in im Funktionsumfang enthalten, zum Zeitpunkt unserer Einführung jedoch nur für Windows- und nicht MacOS verfügbar gewesen. Wir hätten als Alternative auf ein Plug-In eines Drittanbieters zurückgreifen müssen, was aber zusätzliche Software Nutzungsgebühren bedeutet hätte. Daher wurden unsere Mails meist manuell per copy & paste zwischen Outlook und CRM „synchronisiert“, was natürlich aufwändig und nicht anwenderfreundlich war. Dieser Punkt wird auch im Abschnitt Usability noch einmal genauer beleuchtet. Im Gegensatz dazu verfügt Salesforce auch über ein Plug-In für Mac, das sich ganz einfach vom User in seine Outlook Umgebung integrieren lässt. Neben der Synchronisation von Terminen zwischen Outlook- und Salesforce Kalender stellt vor allem die E-Mail Integration eine Erleichterung dar. Wobei die Integration hier hauptsächlich aus Outlook angestoßen wird, anstatt E-Mails direkt aus dem CRM System zu schreiben. Besonders praktisch ist, dass E-Mails aus dem Outlook Eingang bei der Synchronisation direkt mit Objekten aus dem CRM, wie z.B. Leads, Opportunities etc. verknüpft werden können und Salesforce dabei schon sinnvolle Vorschläge anbietet.
Was bei beiden Lösungen auffällt, ist die fehlende Möglichkeit im System besser zu segmentieren, z.B. bei der Zusammenstellung der Zielgruppe für eine Vertriebskampagne. Dies ist nur eingeschränkt möglich und man stößt an Grenzen, sobald über mehrere Objekte hinweg segmentiert wird: Beispielsweise bei der Suche nach allen Marketingleiter in Maschinenbauunternehmen, zu denen es in den letzten 6 Monaten keine Aktivität gab. In Salesforce ist dies über Berichte mit sogenannten Crossfiltern noch möglich, in SAP ist dies leider nicht ohne weiteres möglich. Komplexere Abfragen für Cross- und Upselling Kampagnen sind aber auch in Salesforce nicht ohne zusätzliche Erweiterungen möglich. Ein gängiges Beispiel hierfür ist die Segmentierung nach allen Vertriebsleitern von Kunden einer bestimmten Branche, bei denen eine gewonnene Opportunity mit Produkt A verzeichnet ist, ein Produkt B jedoch noch nicht erfolgreich platziert wurde. Eventuell ist diese Funktionalität aber auch ausschließlich in den jeweiligen Marketingmodulen vorhanden, weshalb es dem Vertrieb nicht wirklich zugänglich ist.
Salesforce vs. SAP: Benutzeroberfläche und Usability
Der Funktionsumfang ist zwar wichtig, aber entscheidend ist häufig die Usability der Lösung. Sie entscheidet darüber, wie gut und intensiv ein CRM System in der Praxis von den Anwendern genutzt wird und damit auch über den Erfolg eines CRM Projektes.
Gleich beim ersten Log-in in Salesforce ist die Performance der Lösung aufgefallen. Es agierte deutlich schneller als SAP bei der Suche, Aufrufen von Einträgen und Reports oder beim Speichern. Da die beiden Lösungen in der gleichen Umgebung laufen, dürfte es nicht auf die Internetverbindung zurückzuführen sein, sondern vermutlich auf eine grundsätzlich performantere Entwicklung.
Ebenfalls wesentlich ist, dass sich die Suche des CRM Systems auch schnell und einfach bedienen lässt, ohne sich groß Gedanken darüber machen zu müssen. Beide Lösungen bieten hier gute Ansätze für eine einfache Suche. Jedoch überzeugt, speziell was das Suchergebnis betrifft, Salesforce mehr. So wird z.B. bei Suche nach Kontakten (Personen), nicht nur in den Kontakten gesucht, sondern überall dort, wo es einen Bezug zum Kontakt gibt, wie Account, Leads, Opportunities. Das Suchergebnis wird strukturiert dargestellt nach Anzahl der Treffer für jeden Bereich und man kann sofort in die Details abspringen. Auch nach einzelnen Begriffen lässt sich einfach suchen. Beispielsweise, um herauszufinden bei welchen Kunden in den letzten Wochen ein bestimmtes Thema erwähnt wurde. Hier reicht es aus, das Thema/Schlagwort in der Suche einzugeben. Das Ergebnis sind die Besuchsberichte, E-Mails, Notizen… alle relevanten Bereiche, in denen das Schlagwort vorkommt.
Auch das Bearbeiten von Datensätzen direkt in Listen ist eine weitere große Arbeitserleichterung. Was heißt das?
Beispiel: Es sollen alle aktuellen Opportunities für dieses Quartal überarbeitet werden. Bei Salesforce lassen sich dann direkt in der Listenansicht die Opportunities bearbeiten. Es lässt sich z.B. bei der einen Opportunity der Wert erhöhen, bei der anderen das Enddatum aktualisieren etc. SAP ermöglicht das im Gegensatz dazu leider nicht. Hier musste für jede Änderung in den jeweiligen Datensatz gesprungen, der Bearbeitungsmodus geöffnet, die Änderung gespeichert und wieder zurück in die Listenansicht koordiniert werden. Auch ermöglicht Salesforce, dass mehrere Datensätze gleichzeitig geändert werden können, z.B. wenn man bei mehreren Opportunities das Enddatum um einen Monat verschieben möchte. Jeder kann sich wohl gut vorstellen, wie vorteilhaft der Bedienkomfort ist, den Salesforce mit diesem Feature bietet: Es spart viel Zeit und eine Unmenge an Klicks. Einschränkend muss dazugesagt werden, dass auch bei Salesforce nicht jedes Datenfeld in der Listenansicht geändert werden kann.
Das Erstellen von individuellen Listen ist mit beiden Lösungen möglich, jedoch bietet auch hier Salesforce einen besseren Bedienkomfort; speziell was das Filtern in Listen betrifft. Es lassen sich sehr schnell eigene Listen mit individuellen Filterkriterien zusammenstellen, speichern sowie auch mit anderen Mitarbeitern teilen. Schön ist auch das Feature „Kanban“, z.B. bei der Anzeige von Opportunities.
Um eine möglichst hohe Datenqualität im CRM System zu erreichen, ist es wichtig, dass das System Dubletten frühzeitig erkennt bzw. Möglichkeiten bietet diese zu bereinigen oder zusammenzuführen. In beiden Systemen werden während des Anlegens eines neuen Accounts oder Kontakts mögliche Dubletten erkannt und man wird als Anwender darüber informiert, dass der Datensatz Ähnlichkeiten mit bestehenden Datensätzen hat. Jedoch erfolgt das nicht immer ganz einheitlich. Bei Salesforce wird dem Anwender darüber hinaus die Möglichkeit geboten Dubletten zusammenzuführen, was sinnvoll ist, wenn sich in beiden Datensätzen Informationen befinden, die man behalten möchte. Zudem durchsucht Salesforce auch den bestehenden Datenbestand nach Dubletten und kennzeichnet diese proaktiv als Dublette. Somit kann man als Vertriebsmitarbeiter selbst für Ordnung sorgen, oder ein Data-Quality Manager arbeitet diese Liste.
Gerade bei der regelmäßigen Nutzung eines CRM Systems, liegt es nahe sich gewisse Sachen in der Benutzeroberfläche (User Interface) individuell einzustellen, also sich das System „gemütlich“ einzurichten. Hierzu bieten sowohl SAP als auch Salesforce Möglichkeiten, beide jedoch nur begrenzt. So kann man z.B. in Salesforce das Menü einfach um weitere Menüpunkte erweitern, aber nicht alle benötigte Menüpunkte lassen sich im Standard ausblenden. Etwas mehr individuelle Freiheit wäre hier schön.
Quelle: Vision11
Als Mitarbeiter im Sales sollte man immer wissen, wo man aktuell steht. Mit anderen Worten wie die eigene Opportunity Pipeline aussieht und ob genügend Opportunities in der Angebots- / Verhandlungsphase bestehen, um die Ziele in diesem Jahr zu erreichen. Gibt es ausreichend „hot“ Leads, die sich in den nächsten Wochen zu Opportunities konvertieren lassen, etc. Um sich darüber einen schnellen Überblick zu verschaffen, ist ein gutes Reporting und Dashboard im CRM unabdingbar. Vor allem sollte hier die Anforderung erfüllt sein, dass sich diese auch ohne IT Unterstützung selbst erstellen lassen bzw. bestehende Dashboards entsprechend angepasst werden können. SAP bietet hierzu eine Vielzahl von vorgefertigten Reports an, auf die man zurückgreifen kann. Eventell sogar schon etwas zu viel. Den passenden darunter zu finden ist nicht so einfach und i.d.R. passt er auch nicht zu 100%, sodass man ihn modifizieren muss. Salesforce bietet über seinen Marktplatz „Appexchange“ Standard Reports für Marketing, Sales und Service an. In Summe fühlt sich das Reporting in Salesforce etwas durchdachter an und Berichte lassen sich auch, wenn nötig, einfacher anpassen. Gleiches gilt für das Erstellen neuer Reports und Dashboards, was für den versierteren Anwender sehr einfach möglich ist. Zudem ist in Salesforce die Performance spürbar besser, speziell beim Aufruf eines Reports oder Aktualisieren des Dashboards.
Fazit
Was ist die bessere CRM Lösung? Die Antwort darauf ist immer subjektiv. Neben der höheren Performance überzeugt Salesforce vor allem durch die bessere Bedienbarkeit (Usability), was im täglichen Sales Gebrauch manches erleichtert und auch Zeit spart. Nach der Umstellung erfordert in Salesforce hingegen der Lead Prozess eine Zeit zum Umgewöhnen. Letztendlich sind dies wichtige Faktoren, die über die Akzeptanz und Nutzung einer neuen CRM Lösung entscheiden. Es hängt jedoch auch von den konkreten Tätigkeiten im Vertrieb und persönlichen Präferenzen ab. Funktional erfüllen jedenfalls beide Lösungen im Standard die Sales Anforderungen.
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Florian Vogel
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Salesforce vs. SAP: Grundsätzlich bilden beide Lösungen die Anforderungen eines Vertriebsmitarbeiters an ein CRM System vollständig ab. Doch welches System lässt hinsichtlich der Usability im Vertrieb besser bedienen?