Unternehmensvision

Unternehmensvision: Leitbild in Krisenzeiten

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Für unsere Gesellschaft ist es gerade nicht leicht. Die Wirtschaftsprognose für 2020 war für den Exportweltmeister Deutschland ohnehin schon gedämpft und nun hat uns Covid-19 eiskalt und unvorbereitet erwischt. Experten hatten uns vor diesem Tag gewarnt. Doch der Großteil von Politik und Wirtschaft – mich eingeschlossen – hat diese Rufe nicht gehört. Jetzt stehen wir quasi über Nacht inmitten einer der größten Herausforderungen unserer globalisierten Welt. Und wenn man den Prognosen der Experten glaubt, dann wird dieser Zustand noch eine Weile anhalten. Wie also mit dieser Situation umgehen?

 

Für die Erarbeitung einer erfolgreichen Strategie in einer Krisensituation sind vor allem Weitblick und Tiefe zwingend erforderlich. Die Frage lautet: Wie steht es in Zeiten der Krise bei uns Unternehmern um die Vision und die Mission? Die Unternehmensvision wird oft belächelt und als unternehmerische Esoterik abgetan. Dabei spielt die Vision zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung meist eine tragende Rolle. Sie gibt die Richtung vor, spendet Hoffnung, wenn es herausfordernd wird und vereint die guten Absichten, die man sich für seine unternehmerische Zukunft gesetzt hat. Dann kommt die Mission, sie definiert den langfristigen Maßstab für den Unternehmenserfolg, gibt die strategische Ausrichtung vor und bietet konkrete Orientierung bei der Definition der Unternehmensstrategie und relevanten Ziele. Letzteres ist wiederum der Schlüssel zum Erfolg im Tagesgeschäft. Entscheidend ist es, all dies in Einklang zu bringen. Denn die Erfahrung hat gezeigt, ab einem gewissen Punkt übernehmen kurz- und mittelfristig Strategien und Maßnahmen die Agenda. Quartalszahlen und Jahresziele wollen erreicht werden. Planungshorizonte verkürzen sich, viele kleine Herausforderungen mutieren zu Großen und die Vision nebst Mission rückt langsam in den Hintergrund.

OneVisionOneTeamOneMission

In den vergangenen 20 Jahren konnten wir neben dem Boom der Globalisierung auch eine gewisse Bandbreite an Wirtschaftskrisen erleben. Die einschlägigsten darunter waren wohl die Dotcomblase 2000 und die Finanzkrise 2007, deren weitreichende Folgen bei Anlegern und Investoren teilweise heute noch zu spüren sind. Die Depression zum Zeitpunkt der Krise war immer hoch und die Stellschrauben folgten meist demselben Muster. Investitionen werden überprüft, laufende Kosten reduziert, neue Vorhaben unbestimmt verschoben und so ein gefährlicher Kreislauf wird in Gang gesetzt. Nährboden für Disruption entsteht.

 

Doch warum greifen wir in der frühen Phase einer Krise gerne auf Bewährtes zurück? Das Risiko, Veränderungen weiter voranzutreiben oder gar neue Geschäftsfelder zu erschließen erscheint uns ob der Gewissheit auf Erfolg oft zu hoch. Wir entscheiden uns lieber für den sicheren Hafen des Bewährten. Doch der Schein trügt. Denn mit diesem Schritt stellen wir zugleich unsere Versprechen auf den Prüfstand und hinterfragen unsere bisherige Unternehmensstrategie. Im schlimmsten Fall wird plötzlich das, was gestern noch die Zukunft des Unternehmens sein sollte, zu einem weiteren Risikofaktor der Krise degradiert. Dies hat oftmals nicht nur einen negativen Einfluss auf die allgemeine Glaubwürdigkeit der langfristigen Unternehmensausrichtung nach außen, auch firmenintern führen diese Entscheidungen zu Unverständnis und Frustration. Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in die Führungsebene, Entscheidungen werden nicht mehr mitgetragen, sondern nur übermittelt, die intrinsische Motivation geht zurück, die Produktivität im Tagesgeschäft sinkt, Lähmung tritt ein. Ein fataler Effekt, wo es doch gerade in Krisenzeiten um Kraft und Zusammenhalt geht.

 

 

Eine starke Vision vereint das Team

Entscheidend ist, gerade in Krisen innovativ zu bleiben, Innovation weiter zu fördern, das Gespür für den Fortschritt nicht zu verlieren und das notwendige Umfeld dafür zu erhalten. Nicht möglich ohne Zeit und vor allem viel Geld? Nicht unbedingt, es braucht vor allem die richtige Einstellung und den Glauben an sich selbst. Unternehmen mit einer starken Vision schaffen es besser, die Belegschaft hinter sich zu vereinen, als andere, die Ihre Vision in der Vergangenheit vor allem zu Marketingzwecken genutzt haben. Das mag zur Marktbearbeitung in guten Zeiten ausreichend sein, in der Krise kann dieses Vorgehen aber zu massiven Problemen führen. Denn wer glaubt, er könne in schwierigen Zeiten mit einem einfachen „Claim“ auf intrinsische Motivation hoffen und Höchstleistungen erzeugen, der irrt.

 

Um das Thema Unternehmensvision und den Umgang damit, ist es nicht immer bestens bestellt. Sei es bei genaueren Nachfragen zur Unternehmensstrategie, der strategischen Zielsetzung von Projekten oder bei einfachen Fragen zur Unternehmensorganisation. Hinzu kommt, dass Mitarbeitern nicht zu jedem Zeitpunkt klar ist, was ihr persönlicher Beitrag zur Unternehmensstrategie sowie zum Unternehmenserfolg ist. Und auch nicht welchen Beitrag sie selbstständig leisten dürfen. Letzteres ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um intrinsische Motivation geht, einem der wohl wichtigsten Schlüsselfaktoren für kreatives, eigenverantwortliches Handeln. Es gilt also die Belegschaft früh abzuholen und über die gesamte Zeit an Bord zu halten, wenn es um den Kern der Unternehmung und dessen Weiterentwicklung geht. Dies zu berücksichtigen, macht Entscheidungen einfacher nachvollziehbar und erzeugt insbesondere in Zeiten knapper Budgets und begrenzter Spielräume positive Effekte beim Zusammenhalt im Unternehmen. Ergo: Eine echte Vision ist gewissermaßen ein sensibles Ökosystem und erfordert kontinuierlichen Austausch und Pflege über alle Unternehmensbereiche hinweg. Nur dann ist sie auch stark genug,
um Unternehmen geschlossen durch schwierige Zeiten zu bewegen.

 

Mit der aktuellen Krise vor Augen werden Unternehmen, die sich in der Vergangenheit zu sehr auf das Tagesgeschäft konzentriert und auf kurz- und mittelfristige Strategien verlassen haben, schnell feststellen, wie weit sie sich von ihrem ursprünglichen Kern und den damit verbundenen Werten entfernt haben. Dann wird sich zeigen, wieviel Teamgeist in der Belegschaft steckt und wie belastbar die eigene Fehlerkultur und der daraus resultierende Zusammenhalt ist. Meine Empfehlung an alle Unternehmer lautet mit Weitblick und sehr viel Fingerspitzengefühl an die aktuelle Situation heranzugehen. Dies ist mit Blick auf die sich überschlagenden Ereignisse nicht einfach und der ein oder andere harte Sanierer mag schon seine große Stunde läuten hören. Doch ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt für massive Eingriffe in noch bis vor kurzem gesunde und erfolgreiche Unternehmen? Vor ein paar Wochen waren wir mitten im „War of Talents“. Vieles drehte sich um die digitale Transformation und im Zuge dessen auch um die Neu- oder Weiterentwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Und von gestern auf heute benötigen wir plötzlich schnelle Ratschläge und fangen an aufzuräumen, um eine bisher nie dagewesene Herausforderung zu meistern. Dabei sollte der Fokus ein ganz anderer sein: der Glaube an die eigene Vision und Mission und die daraus resultierende Motivation und Kreativität eines jeden Einzelnen im eigenen Team.

 

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Warum greifen wir in der frühen Phase einer Krise gerne auf Bewährtes zurück? Das Risiko, Veränderungen weiter voranzutreiben oder gar neue Geschäftsfelder zu erschließen, erscheint uns in diesen Situationen oft zu hoch.