Mail Marketing: strategisches Fundament & CRO-Hypothesen ableiten
Willkommen zurück auf unserer Reise durch die Grundlagen der Conversion Rate Optimization (CRO). Die zentrale Frage dieser Blog-Reihe: Wie lässt sich mit Hilfe von CRO die Customer Experience am Touchpoint E-Mail positiv beeinflussen – um auf diese Weise individuell definierte Kampagnenziele effektiver zu erreichen?
In Teil 1 hatten wir uns zunächst einen Gesamtüberblick über die Disziplin CRO im E-Mail-Marketing verschafft. Außerdem hatten wir uns die einzelnen Schritte zur Umsetzung von CRO näher angesehen. Doch bevor wir mit der Realisierung beginnen können, sollte ein Verständnis für gewisse Prämissen entwickelt werden: Wie sieht das strategische Fundament unserer CRO-Initiative aus?
Warum ist diese Vorarbeit so wichtig? Das strategische Fundament schafft die notwendigen Rahmenbedingungen, um CRO effektiv auf E-Mail-Kampagnen anwenden zu können – und die Ergebnisse skalierbar zu machen. Denn CRO ist keine einmalige Optimierungsmaßnahme. Es handelt sich vielmehr um einen Prozess, um den Erfolg von Kampagnen kontinuierlich und signifikant zu steigern.
Dabei unterscheiden wir zwischen zwei strategischen Fundamenten:
- Das initiale Fundament benötigen wir, um Kampagnenziele strategisch in ein Gesamtkonstrukt einzuordnen und CRO dadurch zielführend anwenden zu können.
- Das fortlaufende Fundament dient dazu, CRO nachhaltig in die Marketingstrategie zu integrieren.
Zeitstrahl Diagramm. Zwei Ebenen: Operation & Strategie
Quelle: Vision11
Das initiale Fundament: Customer Lifecycle Management
Grundlegend ist die gezielte Erfolgsmessung der Kampagnen auf Basis der individuellen Customer Lifecycle Stages. Doch im E-Mail-Marketing wird der Erfolg häufig nur anhand von Öffnungs- und Klickraten gemessen. Denn diese zwei KPIs sind einfach zu identifizieren und auszuwerten. Das Problem: Sie liefern keine valide Aussage darüber, wie viel Business Value eine Kampagne tatsächlich liefert. Viel wertstiftender und effektiver ist es deshalb, Kampagnen an einem konkret messbaren Business-Ziel auszurichten und zu evaluieren.
Im Bereich B2C, besonders im E-Commerce, steht hier meist die Metrik des generierten Umsatzes oder des durchschnittlichen Umsatzes pro User (ARPU) im Vordergrund. Das bedeutet: Einzelne E-Mail-Kommunikationen – aber auch komplette Journeys – werden an der direkten Konvertierung zum Kauf und dem daraus resultierenden Umsatz gemessen.
Sprechen wir jedoch über B2B-Kampagnen, so kommen oft andere, vorgelagerte Ziele zum Tragen. Denn diese Kampagnen haben nicht immer einen direkten Sales-Bezug.
Das liegt daran, dass sich der Sales-Funnel hier häufig über einen längeren Zeitraum erstreckt. Potenzielle Kunden müssen also sukzessive „aufgewärmt“ werden, um von einem ersten Interesse zur finalen Kaufentscheidung zu gelangen. Vor diesem Hintergrund sollten E-Mail-Kampagnen auf untergeordnete Ziele einzahlen, die für den jeweiligen Customer Lifecycle Stage relevant ist.
Um diese Ziele zu identifizieren, müssen wir ein Verständnis der Customer Journey aufbauen und daraus unsere Ableitungen treffen:
Definition der relevanten Phasen im Kundenlebenszyklus anhand qualitativer und quantitativer Daten (z.B. Analyse der CRM- oder Kampagnendaten, Kundenbefragungen, etc.)
Ableitung des spezifischen Ziels jeder Phase und des zur Erfolgsmessung erforderlichen KPIs
Zuordnung von E-Mail-Kampagnen zu jeder dieser Phasen und Mapping auf die entsprechenden KPIs
Dabei ist es wichtig, grundsätzlich abzuwägen, ob der Kanal E-Mail tatsächlich zu den Zielen der Kampagne und zu den Präferenzen der Kunden in dieser Phase passt.
Exemplarischer Customer Lifecycle mit KPI-Auswahl (nicht vollständig) nach Vision11
Quelle: Vision11
Das fortlaufende Fundament: die CRO-Kultur
Ein wesentliches Element für den nachhaltigen Erfolg der Conversion Rate Optimization (CRO) im E-Mail-Marketing ist die interne Unterstützung und das Engagement des Managements. Nur wenn das Management die Prinzipien von „Learn, Build, Measure, Repeat“ verinnerlicht hat und aktiv vorlebt, kann eine konsistente und erfolgsorientierte CRO-Strategie entwickelt werden. Folgende Aspekte sind dabei von Bedeutung:
Fehlertoleranzkultur
Es ist wichtig, dass Fehler nicht als Scheitern, sondern als Lernchance verstanden werden. Das Management sollte den Mut haben, innovative Ansätze zu verfolgen und Experimente zuzulassen. Durch das Lernen aus Fehlern können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die den Weg zu erfolgreichen Optimierungen ebnen.
Agiles Denken und Arbeiten
Statt sich auf große und langwierige Projekte zu konzentrieren, sollte der Fokus auf kleinen Schritten zur kontinuierlichen Optimierung liegen. Durch iterative Verbesserungen lassen sich Erfolge schneller erzielen – und langfristig größere Auswirkungen erreichen. Das Management sollte die Schaffung eines agilen Umfelds unterstützen, in dem Experimente schnell umgesetzt und die Ergebnisse in direkter Folge analysiert werden können.
Feedbackkultur
Das Management sollte eine offene Feedback-Kultur fördern, in der Ideen und Vorschläge für Optimierungen aktiv gesammelt werden. Es empfiehlt sich, ein Optimierungs-Backlog anzulegen, in dem alle potenziellen Optimierungen und die daraus abgeleiteten Hypothesen gesammelt werden. Durch eine gemeinsame Evaluierung der Optimierungen können die aussichtsreichsten Ansätze ausgewählt und getestet werden.
Optimierungspotenziale erkennen und CRO-Hypothesen ableiten
Nun konzentrieren wir uns darauf, wie wir Optimierungspotenziale in E-Mail-Marketing-Kampagnen erkennen können – um darauf basierend Optimierungen zu konzipieren und CRO-Hypothesen abzuleiten. Diese Maßnahmen dienen dazu, die Effektivität von E-Mails und die Conversion-Raten zu steigern – bzw. die individuellen Business-Ziele zu erreichen.
Erkennen von Optimierungspotenzialen
Bevor Optimierungen vorgenommen werden können, ist es wichtig, die Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten von E-Mail-Marketing-Kampagnen zu identifizieren. Dazu unternehmen wir folgende Schritte:
Datenanalyse
Durch eine gründliche Analyse der KPIs (z. B. Öffnungsrate, Klickrate oder Conversion-Rate) können wir feststellen, welche Kampagnen besonders erfolgreich waren – und welche weniger Erfolg erzielt haben. Öffnungsraten mit weniger als 40% sowie Klickraten mit weniger als 10 % haben unserer Erfahrung nach meist ein großes Optimierungspotential (sowohl B2B als auch B2C).
Verständnis des Nutzerverhaltens
Durch das Verständnis der Customer Journey und der bespielten Touchpoints in Verbindung mit den ausgewerteten KPIs lassen sich Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten ziehen. Dadurch können wir beispielweise feststellen, ob es Informationsbrüche gibt – aber auch, ob möglicherweise eine abweichende Erwartungshaltung der Nutzer:innen hinsichtlich der in den E-Mails angebotenen Inhalte bestehen könnte.
Qualitatives Feedback
Durch Feedback-Aktionen wie z. B. qualitative Umfragen oder direkte Anfragen lässt sich unmittelbar herausfinden, was den Empfänger:innen gefällt und was sie sich wünschen. Die Ergebnisse dienen als Grundlage, um die E-Mails besser an die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer:innen auszurichten.
Konzipieren von Optimierungen
Sind Optimierungspotenziale identifiziert, lassen sich gezielte Verbesserungen planen. Hierfür werden folgende Merkmale untersucht – und darauf aufbauend Optimierungsmaßnahmen entwickelt, die bestmöglich anhand eines psychologischen Musters begründet werden können:
Inhalt
Die Inhalte werden so angepasst, dass sie die Erwartungshaltung des Nutzers bestmöglich erfüllen. Eine wichtige Rolle spielen dabei u.a. ein stringenter Aufbau und die Story.
Betreffzeile
Die Optimierung der Betreffzeilen dient dazu, das Interesse der Empfänger:innen zu wecken und die Öffnungsraten zu erhöhen. Als wirksame Hebel dienen hier z. B. personalisierte Ansprachen, Aussagen, die neugierig machen, Handlungsaufforderungen, Listicles und vieles mehr.
Call-to-Action (CTA)
Die Überprüfung der CTAs soll sicherstellen, dass sie klar und auffällig sind. Neben der visuellen Darstellung ist hier auch auf aktivierende Formulierungen zu achten, um den Empfänger zur gewünschten Aktion motivieren.
Klare und einfache Gestaltung
Um eine Botschaft eindeutig und ansprechend zu vermitteln, sollte das Design der E-Mails möglichst klar, einfach und nutzerfreundlich sein. Wichtig ist dabei, dass die Inhalte leicht erfassbar sind und eine klare Hierarchie aufweisen.
Personalisierung
Auf Basis der verfügbaren Daten lassen sich die E-Mails so personalisieren, dass die jeweiligen Empfänger:innen das Gefühl haben, die E-Mail wäre speziell für sie erstellt. Auf diese Weise fühlen sie sich stärker angesprochen.
Ableitung von CRO-Hypothesen
Bevor Optimierungen wie diese im Rahmen gezielter Tests umgesetzt und evaluiert werden können, sollten sie als Hypothesen formuliert werden.
Conversion Rate Optimization auf Basis strukturierter Hypothesen
Quelle: Vision11
Es empfiehlt sich, diese CRO-Hypothesen klar strukturiert in drei Schritten zu formulieren: Optimierungmaßnahme, erwarteter Output und die Begründung, warum das Ergebnis erwartet wird. Für diese Begründung sollten psychologische Muster herangezogen werden, mit deren Hilfe sich das Nutzerverhalten erklären lässt.
Hier einige Beispiele für diese psychologischen Effekte:
Mere-Exposure-Effect
Dieses Phänomen besagt, dass Menschen eine Vorliebe für Dinge entwickeln, denen sie häufiger ausgesetzt sind. Indem Empfänger:innen z. B. mit ihren Namen angesprochen werden, entsteht durch die Personalisierung ein Gefühl der Vertrautheit und Verbundenheit, wodurch sie eher dazu neigen, die E-Mail zu öffnen.
Visual Saliency
Visuelle Hervorhebung einzelner Elemente, die dadurch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die plakative Gestaltung eines CTA-Buttons etwa erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Empfänger: innen ihn tatsächlich anklicken.
Urgency
Das Erzeugen eines Gefühls der Dringlichkeit in der Handlungsaufforderung (CTA) aktiviert zum sofortigen Handeln. Menschen neigen eher dazu zu reagieren, wenn sie das Gefühl haben, dass sie nur begrenzte Zeit zum Handeln haben, oder dass sie etwas verpassen (Fear of Missing Out, FOMO).
Cognitive Ease
Ist die Information so aufbereitet, dass Menschen sie einfach verarbeiten können? Das Entfernen von nicht relevanten Inhalten etwa und die klare Darstellung eines Angebots sorgen dafür, dass die Empfänger:innen ihren Vorteil schnell erfassen können. Das fördert wiederum ihre Bereitschaft zu klicken.
Decision Simplicity
Menschen sind eher bereit zu handeln, wenn ihnen eine Entscheidung so einfach und unkompliziert wie möglich gemacht wird. Auf diese Weise fördern die Vereinfachung der Inhalte und das Eliminieren von Ablenkungen die Conversion-Rate.
Fazit
Um durch Conversion Rate Optimization (CRO) nachhaltige Erfolge zu erzielen, ist eine strategische Herangehensweise entscheidend. Häufig wird CRO jedoch isoliert betrachtet, und man beginnt mit punktuellen Optimierungen, ohne das Ganze in den Kontext des Customer Lifecycle Managements zu stellen. Dies führt zwar zu kurzfristigen Erfolgen bei der Konvertierungsrate, jedoch bleibt der langfristige und skalierbare Erfolg aus. Daher ist es wichtig, CRO als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie und der Unternehmenskultur zu etablieren, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass Teams CRO verinnerlichen und proaktiv vorantreiben.
Die Identifikation von Optimierungspotenzialen und die Ableitung von CRO-Hypothesen sind entscheidende Schritte, um im E-Mail-Marketing wirksame Verbesserungen vorzunehmen. Durch eine sorgfältige Analyse der Daten und eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Empfänger lassen sich gezielte Optimierungen konzipieren, die zu höheren Conversion-Rates führen. CRO-Hypothesen dienen dabei als Grundlage und Leitfaden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen in A/B- oder Multivarianten-Tests zu bestätigen oder zu falsifizieren. Mehr dazu in Teil 3 unserer Reihe „CRO x E-Mail-Marketing“.
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