Digitalisierung im Maschinenbau

Digitalisierung im Maschinenbau: Kunden auch morgen überzeugen

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Für Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau wird es zunehmend schwer, ihre potenziellen Kunden zu erreichen und zu überzeugen. Die typischen Sätze aus dem C-Level der Maschinen- und Anlagenbauer kann man wohl zu folgender Aussage zusammenfassen: „Corona zwingt uns zu höheren Investitionen in die Digitalisierung. Gleichzeitig verhindert sie, dass wir unsere geplanten Umsätze erreichen.“ Die Corona-Pandemie hat diese Situation zwar verschärft, die wahren Gründe sind dafür aber deutlich tiefgreifender. Es geht um die fortschreitende Digitalisierung im Maschinenbau und die mangelnde Fokussierung auf die Kunden.

Fortschreitende Digitalisierung im Maschinenbau

Viele Unternehmen aus der DACH-Region haben die Chancen und Notwendigkeit der Digitalisierung im Maschinenbau bereits vor einigen Jahren erkannt. Sie stecken aber noch mittendrin in der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse.

Fehlende Kundenzentrierung im Maschinenbau

Während der digitalen Transformation haben viele Maschinen- und Anlagerbauer ihre Kunden – also die wichtigsten Akteure in ihrer komplizierten Geschäftsmodell-Rechnung – noch stärker aus den Augen verloren. Denn die Begriffe „Digitalisierung im Maschinenbau“ und „Industrie 4.0“ wurden von den meisten Unternehmen sehr stark mit dem Produktportfolio in Verbindung gebracht – d.h. mit den hergestellten Maschinen und Anlagen sowie mit der Effizienz des eigentlichen Herstellungsprozesses.

In modernen industriellen Ökosystemen zeigt sich, dass sich die Digitalisierung im Maschinenbau aber nicht allein auf das Produktportfolio bezieht. Sie wirkt sich auf die gesamte Landschaft eines Maschinen- oder Anlagenbauers aus:

Digitalisierung im Maschinenbau

Quelle: Vision11 nach Statista Digital Market Outlook

Digitalisierung im Maschinenbau: Handlungsfelder

Damit Maschinen- und Anlagenbauer aus der DACH-Region ihre weltweiten Kunden auch morgen überzeugen können, müssen sie heute die folgenden fünf Handlungsbereiche zur Digitalisierung im Maschinenbau konsequent und lösungsorientiert angehen. Ohne Wenn und Aber!

Handlungsfelder Digitalisierung im Maschinenbau

Quelle: Vision11

Teil 1 der Blogserie „Digitalisierung im Maschinenbau“ behandelt die ersten drei Handlungsfelder „Kundenfokussierung“, „Digitalisierung der E2E-Kundenprozesse“ und „Multi-Channel-Vertrieb“.

Kundenfokussierung

Das Buzzword „Customer Centricity“ ist in der Maschinenbaubranche bereits seit mehreren Jahren ein Thema. Dabei spricht man in den Führungsetagen oft von der idealen Darstellung der 360°-Kundensicht. Aber wie genau werden die berühmten 360 Grad definiert? Sind diese mit einer schönen kreisförmigen Darstellung aller vorhandenen Kundeninformationen bereits erreicht?

 

Nein! Denn Kundenzentrierung bedeutet nicht, möglichst alle relevanten Informationen zu seinen Kunden auf einem Dashboard darzustellen. Kundenzentrierung bedeutet die Ausrichtung des Unternehmens als Ganzes auf die Bedürfnisse der Kunden.

 

Die Maschine bzw. Anlage als Produkt oder der zugehörige Service werden von Kunden nur noch in den wenigsten Fällen als USP betrachtet. Kundenzentriert zu denken und zu handeln bedeutet, ein positives Kundenerlebnis vom ersten bis zum letzten Kundenkontakt anbieten zu können. Dafür muss man als Maschinen- und Anlagenbauer seinen Standpunkt grundlegend ändern. Denn bisher erleben Kunden an den einzelnen Kontaktpunkten zu häufig eine „Bad Customer Experience“.

Mit Top-Down zur Outside-In-Perspektive

Kundenzentrierung muss vom Top-Management als strategische Zielsetzung definiert und als Marschrichtung vorgegeben werden. Gelebt muss sie aber in allen Abteilungen und auf allen Organisationsebenen – und zwar täglich. Man muss in die Schuhe des Kunden hineinschlüpfen, seine Brille und seinen Hut aufsetzen und die wichtigsten Abschnitte seiner Customer Journey selbst durchlaufen. Es geht nicht darum, etwas für seine Kunden zu entwickeln, sondern darum, es aus der Kundensicht heraus zu tun.

Inside-Out

Das Problem dabei ist, dass die sogenannte “Inside-Out”-Sicht bei Maschinen- und Anlagenbauern seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur ist und zur Tradition gehört. Mit dieser “Inside-Out”-Sicht – „von innen nach außen” – betrachten sie also eigene Prozesse und Lösungen aus dem Unternehmen heraus.

Outside-In

Dagegen wechseln moderne, kundenfokussierte Unternehmen ihren Blickwinkel um 180° auf die sogenannte „Outside-In“-Sicht. Mit der “Outside-In”-Sicht – “von außen nach innen” – betrachten sie eigene Prozesse und Lösungen aus der Kundenperspektive heraus. Bei der Gestaltung der Prozesse und somit auch bei der Digitalisierung der Kundenschnittstellen spielen die Wahrnehmung und Erlebnisse der Kunden an jedem Kontaktpunkt eine entscheidende Rolle.

Dabei müssen die wichtigsten KPIs und Kernziele so definiert werden, dass sich diese nicht auf den Umsatz, die Profitabilität oder auf die einzelnen Bereiche und Abteilungen beziehen. Stattdessen muss der Fokus auf den Kunden, ihren Bedürfnissen und deren Zufriedenheit liegen. Darüber hinaus müssen die Kommunikation, Prozesse und Anwendungen auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet werden. Letztendlich gelingt es nur mithilfe integrierter CRM-Lösungen und Tools zur Datenanalyse, die entscheidenden Online- und Offline-Erlebnisse entlang der gesamten Customer Journey möglichst lückenlos zu erfassen und abzubilden.

Digitalisierung im Maschinenbau: Outside In Perspektive

Quelle: Vision11

Digitalisierung der End to End (E2E)-Kundenprozesse

Die wichtigsten E2E-Kundenprozesse sind im Marketing, Vertrieb und Service zu finden. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen gibt es im Maschinen- und Anlagenbau noch viel Potential, diese zu digitalisieren. Vor allem im Marketing-Bereich liegt der Fokus immer noch stark auf Printmedien wie z.B. Produkt-Broschüren und -Flyer, auf Messe-Auftritten und auf dem Newsletter-Versand. Das Marketing arbeitet weniger strategisch, sondern vor allem vertriebsunterstützend. Dabei sind moderne Marketing Automation Lösungen nur vereinzelt im Einsatz.

 

Allerdings sind das professionelle Online Marketing und Kampagnenmanagement, Social Selling, die Leadgenerierung und digitale Kundenkommunikation sehr komplex, kleinteilig, individuell und manuell nicht mehr steuerbar. Marketer müssen sich heute zum Teil mehrerer leistungsstarker Marketing-Tools bedienen. Denn ohne komplexe Lösungen ist eine gezielte Aussteuerung aller Marketing-Maßnahmen heute nicht mehr möglich. Daher sollten diese Maßnahmen bis zum höchsten Grad automatisiert sein, um Marketing, Vertrieb und Management bestmöglich zu unterstützen.

Moderne Kundenakquise durch Social Selling

Für die Einkäufer- und Entscheider-Generation von morgen gehören Broschüren, Flyer, Messestände und Newsletter-Anmeldungen zum Auslaufmodell. Persönliche Gespräche mit Vertriebsmitarbeitenden werden erst dann geführt, wenn die interne Entscheidung zu 90 % gefallen ist. Alle für die Entscheidungsgrundlage notwendigen Informationen werden auf den unterschiedlichen digitalen Wegen gefunden – und zwar lange bevor die Verkaufschance im Sales Funnel eines Maschinen- oder Anlagenbauers mit einer relevanten Wahrscheinlichkeit auftaucht. Der erfolgreiche B2B-Vertrieb ist digital und beginnt selbst mit Online-Marketing-Maßnahmen. Auch im Maschinen- und Anlagenbau werden Verkäufer:innen von morgen mehr in sozialen Netzwerken nach dem richtigen Weg zu (potenziellen) Kunden suchen und sich immer mehr um die Beratung und das Networking kümmern. Entscheidend für den dauerhaften Erfolg von Social Selling Maßnahmen ist die enge Zusammenarbeit zwischen Sales und Marketing und die abgestimmte Zusammenarbeit bei der Verlagerung des Verkaufsprozesses von “analog” zu “digital”.

Differenzierungspotenziale im After Sales Service

Vor einigen Jahren haben die Maschinen- und Anlagenbauer ihre Serviceleistungen angeboten, wenn Kunden danach gefragt haben. Heute gehören gute Serviceleistungen zum fest etablierten Angebot des Maschinen- und Anlagenbaus. In der Zukunft werden digitale E2E-Serviceprozesse einen entscheidenden Beitrag zum Umsatz und Gewinn leisten. Ziel sollte es sein, die Prozesse aus Sicht der Kunden möglichst vollständig zu digitalisieren und somit auch zu automatisieren: Von der Vorhersage oder Berechnung eines möglichen Service Cases, über die Erstellung eines Angebots, die Beauftragung und Einsatzplanung eines Servicetechnikers, die Terminvereinbarung und Erbringung einer Service-Leistung, bis zur Rechnungsstellung und einer anschließenden Kundenzufriedenheitsumfrage. Die Digitalisierung businesskritischer Prozesse im After Sales, wie die Inbetriebnahme, Instandhaltung und Wartung, muss in Zukunft einen viel wichtigeren Stellenwert haben als bisher umgesetzt. Das führt auch zu einer höheren Kundenzufriedenheit und somit auch zur angestrebten langfristigen Kundenbindung.

Digitalisierte Kunden

Als Unternehmen muss man sich immer wieder die Frage stellen: „Warum muss ich meine Kundenprozesse eigentlich digitalisieren?“. Die einzig richtige Antwort darauf lautet: „Weil sich meine Kunden zu digitalen Kunden entwickelt haben.“ Für die Kunden von heute bzw. morgen hat die Digitalisierung einen ganz anderen Stellenwert. Kunden setzen sie sogar als eine Selbstverständlichkeit voraus und verbinden sie u.a. mit folgenden Aspekten:

Digitalisierung im Maschinenbau: Anforderungen digitalisierter Kunden

Quelle: Vision11

Auch das Verkaufen von Maschinen und Anlagen ist People-Business. Entscheidungs- und Einkaufsverantwortliche und die Endanwender:innen im B2B-Segment sind ebenfalls Personen und Individuen. All diese Personen nutzen ein Smartphone, kaufen bei Amazon, haben einen Netflix-Account, kommunizieren über Social Media und fragen als erstes Google, wenn Sie bestimmte Informationen benötigen. Diese positiven, alltäglichen Erfahrungen mit Digitalisierung und Vernetzung erwarten sie auch im Beruf und setzen somit die Messlatte ziemlich hoch.

Bedeutung von Change Management in der Digitalisierung der E2E-Kundenprozesse

Maschinen- und Anlagenbauer vergleichen ihre End-to-End-Kundenprozesse mit den Vorreitern der Digitalisierung und passen diese entsprechend an. Dabei sollten sie sich an Unternehmen orientieren, die für eine stetig hohe Kundenzufriedenheit sorgen. Die Vorbilder müssen keine direkten Wettbewerber sein. Häufig sind es Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen wie Amazon, Apple, Netflix, Booking.com, Airbnb, PayPal oder Lieferando.

 

 

Das Zeitalter der Digitalisierung ist eine natürliche Phase der fortschreitenden industriellen Evolution. In seiner berühmten Evolutionstheorie bezog sich Charles Darwin zwar nicht auf die Wirtschaft und Industrieunternehmen, aber seine eindeutige Erkenntnis trifft auch hier zu 100 % zu: „Es ist nicht der Stärkste, der überlebt, auch nicht der Intelligenteste, sondern derjenige, der am ehesten bereit ist, sich zu verändern.“ Auch die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus müssen bereit sein, ihre Kundenprozesse zu verändern, um eine starke Anpassungsfähigkeit zu entwickeln. Denn nur dann werden sie in ihrer Branche ein Teil der Zukunft sein.

Multi-Channel-Vertrieb

Die Integration aller Vertriebskanäle ist oft eine große Herausforderung, Neukunden für technisch anspruchsvolle und erklärungsbedürftige Produkte zu gewinnen. Aus diesem Grund setzen die meisten Maschinen- und Anlagenbauer weiterhin auf die Telefon-Kundenakquise und auf das persönliche Gespräch. Dennoch gewinnen moderne Medien wie Websites, Social Media, E-Mail, SMS, Chat und Video-Interaktion immer mehr an Bedeutung. Die bereits oben erwähnte Einkäufer- und Entscheider-Generation von morgen wählt immer häufiger Online-Kanäle und virtuelle Kommunikationswege, um mit den Maschinenherstellern in Kontakt zu treten. Oft ist es bei dieser Art von komplexen Produkten nicht möglich, Interessenten und potenzielle Kunden mit notwendigen Informationen vollständig online zu bedienen. Man muss die Balance finden zwischen dem digitalen Marketing und Vertrieb einerseits und dem direkten, persönlichen Kontakt zur Kaltakquise andererseits.

Erwartungen an moderne Kundenkommunikation

Spätestens seit der Corona-Pandemie wurde die Notwendigkeit erkannt, die herkömmlichen Vertriebs- und Marketingmaßnahmen an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Viele Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau beschäftigen sich intensiv mit dem Aufbau eines zielgerichteten Multi-Channel-Vertriebs. Längst haben die geschäftlichen Käufer aus dem B2B-Umfeld vergleichbare Erwartungen wie im B2C-Bereich: „Produkte in bester Qualität, zu niedrigen Kosten, individuell anpassbar und möglichst gleich lieferbar“. Dazu gehört aber auch eine permanente Sichtbarkeit und Auffindbarkeit auf allen relevanten digitalen Kanälen. Die digital bereitgestellten Informationen müssen eine andere Struktur haben als die typischen Vertriebsunterlagen zum Versenden oder zum Ausdrucken. Diese müssen sich sehr stark an der sogenannten Customer Journey der Kunden orientieren, die entsprechenden Kontaktpunkte vom ersten Schritt der Informationssuche bis hin zum individuell gestalteten Angebot.

Voraussetzung „integriertes CRM“

Inzwischen haben die meisten Maschinen- und Anlagenbauer eine professionelle Webseite. Viele nutzen ihre Onlinepräsenz aber immer noch dafür, um über lange Firmengeschichten und die neusten Produkte zu informieren.  Die wenigsten Inhalte orientieren sich an den Bedürfnissen der potenziellen Kunden, an der optimalen Customer Experience oder am Informationsbedarf in verschiedenen Stadien des Verkaufsprozesses. Die eigene Corporate-Webseite muss mit anderen Kanälen synchron gehalten werden. Denn sie wird auch weiterhin einer der wichtigsten Vertriebskanäle bleiben. In der heutigen digitalen Welt ist es nicht mehr zeitgemäß, unterschiedliche Vertriebskanäle separat voneinander zu betrachten. Spätestens bei der Übergabe eines Interessenten von einem Kanal an den anderen scheitert in den meisten Fällen der Multi-Channel-Ansatz, weil sich die unterschiedlichen Kanäle im Hintergrund nicht einer einheitlichen IT-Infrastruktur bedienen. Ein integriertes und konsolidiertes CRM bildet eine solide Basis für einen funktionsfähigen Multi-Channel-Vertrieb und ermöglicht Kunden, nahtlos zwischen den relevanten Kanälen zu wechseln.

Social Selling im Maschinenbau

Soziale Netzwerke werden im Maschinenbau bisher zu wenig genutzt. Die Sichtbarkeit in sozialen Communities, wo ein gezielter, fachspezifischer Austausch stattfindet, muss künftig eine wichtige Rolle spielen. Vertriebsmitarbeitende müssen in solchen Communities die Rolle des Beratenden und Produktexperten einnehmen und sich mit Interessenten austauschen. Ziel sollte sein, ein eigenes Netzwerk aufzubauen, einen direkten Zugang zu Anwendern zu finden und sich als Fachexperte zu positionieren. Dadurch baut man in einer sehr frühen Phase das entsprechende Vertrauen auf und profitiert im späteren Einkaufsprozess.

Social Selling über B2B-Plattformen wie LinkedIn oder XING spielen dabei eine entscheidende Rolle. Einmal richtig aufgesetzt, kann Social Selling der Turbolader für den Vertriebsmotor sein. Betankt mit hochwertigem Content auf der sorgfältig festgelegten Kontaktstrecke, können Vertriebsaktivitäten Erfolge erzielen. Um mit Social Selling langfristig erfolgreich zu sein, muss das Unternehmen ein entsprechendes digitales Skill- und Mindset in der gesamten Vertriebs- und Marketingorganisation etablieren.

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Sergej Plovs

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Da die meisten Maschinenbauer die Begriffe „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ sehr stark mit dem Produktportfolio in Verbindung bringen, verlieren sie im Prozess der digitalen Transformation ihre Kunden noch stärker aus den Augen. Um ihre Kunden auch morgen überzeugen zu können, müssen sie heute fünf Handlungsbereiche konsequent und lösungsorientiert angehen.